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Die Potsdamer Sopranistin Adele Stolte gehörte seit 1960er Jahren zu den bedeutendsten Sängerinnen der DDR.

© Privat

Nachruf auf Adele Stolte: „Ein Glück ihr begegnet zu sein“

Ihr Fixstern war Johann Sebastian Bach, ihr Förderer Kurt Masur, ihre Heimat Potsdam: Die große Sopranistin Adele Stolte ist verstorben. Ein Nachruf

Potsdam - Es gibt Stimmen, die man bereits nach einmaligem Hören im Ohr hat und die danach sofort und mühelos unter vielen wieder herauszuhören sind.  Der Sopran von Adele Stolte gehört dazu.  Mit seiner Klarheit, der nichts von kühler Unnahbarkeit weiß, sowie der Lauterkeit mit der die Sängerin ihre Partien sang,  wusste sie ihre große Hörerschaft zu fesseln. Man hörte den Zauber einer „Engelsstimme“, doch auch das unmittelbare Ereignis der schöpferischen Verlebendigung eines Kunstwerks.

„Ich bin vergnügt mit meinem Glücke“, heißt die CD, die 2007 anlässlich ihres 75. Geburtstags vom Förderverein der Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche e.V. mit Ausschnitten aus der Vielzahl ihrer Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen herausgegeben wurde. Sie erzählt auch von ihrem tiefen Einverständnis mit der frohen Botschaft Gottes, die die Sängerin mit den Oratorien und Kantaten vor allem von Johann Sebastian Bach so plastisch deutete. Adele Stolte wurde ab den 1960er Jahren zu den bedeutendsten Konzert- und Liedsängerinnen Deutschlands. Auch als Professorin für Gesang an der Universität der Künste Berlin wurde sie nach 1990 von ihren Studentinnen und Studenten verehrt. 

Ein Fixstern in ihrem Leben, ihrer Karriere: Johann Sebastian Bach

In den letzten Jahren hat man die Sängerin nicht mehr oft in der Öffentlichkeit gesehen. Die von ihr geliebten Besuche von Konzerten in Potsdam und Berlin musste sie einschränken. Es schien alles gesagt, gesungen, bedacht. Am 26. September starb Adele Stolte kurz vor ihrem 88. Geburtstag in Potsdam, der Stadt, der sie 75 Jahre lang ununterbrochen die Treue hielt. Ein gutes dreiviertel Jahr war ihr Mann und engster künstlerischer Wegbegleiter, der Kantor Wolfram Iwer, verstorben.

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Bach war ein Fixstern in Adele Stoltes Leben und  auch in ihrer Karriere. Dies hatte sie bereits ihrem musikalischen Elternhaus zu verdanken. Schon als junges Mädchen wurde die im märkischen Sperenberg Geborene  zu solistischen Aufgaben von Hans Chemin-Petit und Karl Landgrebe in der Friedenskirche, wo ihr Vater als Pfarrer wirkte, herangezogen. Ihre Gesangsausbildung genoss sie bei Anneliese Buschmann in Rostock. Es wurde immer deutlicher: Adele Stolte war für eine professionelle Sängerinnen-Laufbahn prädestiniert. 

Die Sopranistin Adele Stolte wurde unter anderem von Kurt Masur gefördert. Sie verstarb 87jährig in Potsdam.
Die Sopranistin Adele Stolte wurde unter anderem von Kurt Masur gefördert. Sie verstarb 87jährig in Potsdam.

© Privat

Sie arbeitete mit Kurt Masur, Helmut Koch und Vaclav Neumann

Die  Hauptwirkungsstätten Bachs, die Thomaskirche Leipzig und die Kreuzkirche in Dresden, wurden für sie wichtige Konzertorte, auch andere Kirchen und Konzertsäle der ehemaligen DDR und im Ausland. Und nicht nur Bach stand auf der Agenda. Werke von der Barockzeit bis zum 20. Jahrhundert waren ihr bestens vertraut. Nach Westdeutschland lud man sie immer wieder gern zu Konzerten ein. Doch leider konnte die Sängerin die Reisen hin und wieder nicht antreten, da die SED-Oberen ihr den Weg dorthin versperrten, beispielsweise 1961 zum 37. Deutschen Bachfest in Essen. 

Die Thomas- und Kreuzkantoren Kurt Thomas, Erhard und Rudolf Mauersberger sowie Martin Flämig, der Berliner Hans-Georg Oertel und Greifswalder Kantor Hans Pflugbeil, die Potsdamer Kirchenmusiker Friedrich Meinel und Ekkehard Tietze gehörten zu wichtigen musikalischen Partnern. Berühmte Dirigenten wie Kurt Masur, Helmut Koch oder Vaclav Neumann versicherten sich ihrer Mitwirkung und waren von der Musikalität und der Stimme Adele Stoltes begeistert. Kurt Masur schrieb 2007: „So oft ich sie hören konnte, waren alle ihre Interpretationen geprägt durch eine starke Persönlichkeit. Nie theatralisch – uneitel dominierend und doch immer dem Ganzen dienend. Es war ein Glück ihr begegnet zu sein.“                                                                      

Klaus Büstrin

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