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Musik aus Kleinmachnow: Der Europäer des „Mächtigen Häufleins“

Made in Kleinmachnow: Eine CD feiert César Cui

Das „Mächtige Häuflein“: Als Erster prägte Wladimir Stassow, der vermutlich einflussreichste russische Kunstkritiker seiner Epoche, den Begriff. Er bezeichnet fünf ambitionierte Musikliebhaber, die sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Gruppe zusammenfanden: Modest Mussorgsky, Alexander Borodin, César Cui, Nikolai Rimskij-Korsakow und Milij Baschkirow. Nur Letzterer hatte eine akademische Ausbildung. Die anderen Enthusiasten sahen ihn als Mentor auf dem Weg zur Schaffung einer nationalen russischen Musiksprache an. Statt des geschliffenen Stils, der am Konservatorium gelehrt wurde, forderten die Fünf einen speziell russischen Ton. Dies bedeutete, dass ein großer Schwerpunkt auf traditionellem russischen Volksliedgut lag. Er sorgte dafür, dass russische Musik für westeuropäische Ohren einen ganz eigenen, unverwechselbaren Klang hat.

Nicht alle Komponisten sind hierzulande populär. Das möchten die in Kleinmachnow lebenden russischen Pianisten Maria Ivanova und Alexander Zagarinsky gern ändern. Mit César Cui haben sie einen Anfang gemacht. In einer CD-Aufnahme (Hänssler Classic) stellen sie Werke vor, die ursprünglich für die herkömmliche Klavierbesetzung und Orchester geschrieben wurden. Alexander Zagarinsky hat sie für ein Klavierduo transkribiert. In einer Musikbibliothek in Moskau entdeckten die am dortigen Tschaikowsky-Konservatorium Studierenden Notenmaterial von César Cui. Begeistert von der Qualität der Musik fragten sie sich, warum dessen Kompositionen in ihrem Heimatland so selten gespielt werden.

Westeuropäische Vorbilder

César Cui wurde am 18. Januar 1835 geboren. Er starb vor ziemlich genau 100 Jahren, am 20. März 1918. Er war in militärischem Dienst tätig und gleichzeitig Musikkritiker. Cui war recht aggressiv in seinen musikalischen Ansichten, was sich in seinen Kritiken niederschlug. Ebenso vehement, wie er zu Anfang die Vorstellungen des „Mächtigen Häufleins“ vertrat, verriss er später die Kompositionen seiner Kollegen. In seinen eigenen Opern, Orchestersuiten, Vokalkompositionen, Streichquartetten und der Klaviermusik herrscht nicht der Nationalstil, den seine Kollegen bevorzugten. In einem Brief an den Komponisten Felipe Pedrell schrieb er: „Ein russisches Opernsujet würde mir überhaupt nicht passen. Obwohl Russe, bin ich halb von französischer, halb von litauischer Abstammung und habe den Sinn für russische Musik nicht in meinen Adern. Deshalb sind alle Sujets meiner Opern, mit Ausnahme meiner ersten Oper ,Der Gefangene im Kaukasus’, ausländisch und werden es auch bleiben.“ Eine Aussage, die wohl ausschlaggebend dafür war, dass Cui in Russland nicht die Popularität genießt wie seine Kollegen.

Seine Suite Nr. 2 E-Dur op. 38, ursprünglich für Orchester geschrieben, und die „Miniaturen“ op. 20 und 39 haben vielfach westeuropäische Vorbilder, vor allem entdeckt man Robert Schumanns romantische Poesie in ihnen. Zarte Melancholie wechselt bei Cui mit heiteren Passagen, die aber nie ins Überschäumende ausufern. Auch grüblerische Schwere hat keinen Platz. Cuis Musik bleibt hier intime Salonmusik. Alexander Zagarinsky hat sich streng an die Vorlage gehalten und sie für das Klavierduo mit Sensibilität eingerichtet.

In den Interpretationen des Kleinmachnower Ehepaars Ivanova/Zagarinsky spürt man die Begeisterung und den Elan, mit dem sie sich César Cuis Musik widmen. Schwungvoll und pointiert wissen beide Künstler einen gemeinsamen überzeugenden Dialog zu führen. Ihm zu folgen macht Freude. 

César Cui, Klavier-Transkriptionen mit Maria Ivanova und Alexander Zagarinsky, hänssler Classic 2018, Preis 15,25 Euro

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