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Sonntagsstimmung. „Sunday“ ist der Titel eines Ölgemäldes von Edward Hopper aus dem Jahre 1926, das das Museum Barberini im nächsten Jahr zeigt. Die viermonatige Schau speist sich aus 70 Leihgaben der Phillips Collection, dem ersten Museum zeitgenössischer Kunst in den Vereinigten Staaten.

© Phillips Collection Washington, D.C.

Museum Barberini Symposium über Amerikas Moderne: Beharren auf Freiheit

Symposium und geplante Schau: Das Museum Barberini erinnert an den Ursprung der US-Moderne.

Potsdam - „Schlimmer als ein Gruselkabinett! Diese konzentrierte Hässlichkeit vulgär in Farben und Typen!“: Mit heftiger Ablehnung reagierten die Amerikaner auf die Kunst der französischen Impressionisten, die auch auf ihren Kontinent rüberzuschwappen drohte. Die grobschlächtigen Figuren, wie etwa in Renoirs „Frühstück der Ruderer“, lösten um 1880 einen wahren Sturm der Entrüstung aus. Die gut situierte Gesellschaft sah sich mit einem Wandel konfrontiert, der ihre Ängste schürte. Sie war beunruhigt von der Darstellung der Arbeiter und des modernen industriellen Lebens, von dem Pöbel, der die Stadt mit Lärm verschandelt. Dennoch zog auch in Amerika der Impressionismus ein: etwa ein Jahrzehnt später als in Europa – doch handzahm, mit gefälligen Themen aus der guten Stube.

Das Museum Barberini lädt im kommenden Jahr dazu ein, die Impressionisten in ihren unterschiedlichen Ausformungen kennenzulernen. Während vom 23. Januar bis 28. Mai die „vulgären“ Franzosen die Bühne betreten, folgt ab 17. Juni der Blick nach Amerika. Dabei geht es aber nicht nur um die braven Impressionisten. Die Ausstellung „Von Hopper bis Rothko“ beschreitet den spannenden Weg bis in die Moderne, den Abstrakten Expressionismus.

Ein gut besuchtes Symposium Anfang der Woche bereitete die Sommer-Schau mit interessanten Diskursen vor, die später im Katalog nachzulesen sein werden. Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini, nannte in einem PNN-Gespräch zwei Gründe für die Amerika-Ausstellung, die vor dem Hintergrund der Trump-Politik zusätzliches Interesse auslösen dürfte: Zum einen gebe es in der Kunst einen bislang wenig beachteten Brückenschlag von Amerika nach Deutschland, der nun mit herausragenden Werken und ihren Entstehungsgeschichten erhellt werden soll. Zum anderen habe die Ausstellung einen sehr engen Bezug zu der Sammlung von Hasso Plattner. Der Stifter des Museums, der in Amerika lebt, sammelt auch zeitgenössische amerikanische Kunst. Einige seiner Werke, von Sam Francis und Andy Warhol, werden parallel zu „Hopper bis Rothko“ gezeigt.

Diese viermonatige Schau speist sich wiederum aus 70 hochkarätigen Leihgaben der Phillips Collection, Washington, D.C., dem 1921 gegründeten ersten Museum zeitgenössischer Kunst in den USA. „Aus diesem Privatmuseum können wir vor allem in seiner aktiven Vermittlungsarbeit viele Anregungen schöpfen“, sagt Ortrud Westheider und verweist auf einen monatlichen Museumsabend speziell für junge Leute, den sie übernehmen wird. Als Ortrud Westheider bei der Phillips Collection um die Leihgaben bat, konnte sie auf ihr Wirken am Bucerius Kunstforum Hamburg verweisen, wo sie sich bereits mit einer Ausstellungstrilogie der amerikanischen Kunst zugewandt hatte. „Es ist eine Frage des Vertrauens, wenn man einem neuen Museum solche Kostbarkeiten in so einer Fülle auf einem Schlag überlässt.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich New York zur internationalen Hauptstadt der Kunst und lief Paris den Rang ab. „In Westdeutschland gab es jetzt eine sehr starke Präsenz amerikanischer Kunst. Sie diente als Mittel im Kalten Krieg. Man postulierte nach der deutschen Teilung: Wir haben die Abstrakten, wir sind die Modernen! Den Osten mit seinem sozialistischen Realismus stempelte man hingegen als in der Tradition verhaftet ab“, sagt die Museumschefin.

Das Museum Barberini präsentiert neben den Impressionisten sehr populäre Künstler, die in Europa ganz selten zu sehen sind, wie den Pop-Art-Vorläufer Marsden Hartley mit seinen Berlin-Bildern oder den lakonischen Großstadt-Beobachter Edward Hopper mit seinen vereinsamten Menschen. Hopper war bestens mit der Lichtmalerei der Impressionisten vertraut, löste sich aber davon. Bei ihm entstanden durch Licht geteilte Flächen mit abstrakter Wirkung. Viel konsequenter beschritt Mark Rothko, dessen Werke zu den teuersten weltweit zählen, den Weg zur Abstraktion. Er gilt als Pionier der Farbfeldmalerei, in der sich auch seine depressiven Stimmungen, die zum Freitod führten, spiegeln. Rothkos Vorbild war wiederum der Franzose Matisse. „Alle großen amerikanischen Meister sind internationale Meister gewesen. Es ist gut, sich darauf zu besinnen“, betont Ortrud Westheider. Gerade jetzt, in einer möglichen politischen Eiszeit, vertraut sie auf die starke Stimme der zeitgenössischen Kunst. „Sie wird dem Beharren auf Freiheit auch weiterhin Ausdruck verleihen. Wir werden jedenfalls die Tradition der Moderne deutlich hervorkehren.“

„Von Hopper bis Rothko. Amerikas Weg in die Moderne“, vom 17. Juni bis 3. Oktober 2017 im Museum Barberini, Humboldtstraße 5–6

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