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Kultur: „Murmeln“ in „Tschechisches Kino“

Der Titel des Films klingt ziemlich harmlos. Und doch geht es im Episodenfilm „Kulicky“/Marbles (zu deutsch: Murmeln) der tschechischen Regisseurin Olga Dabarowska, der am Dienstag in der Reihe Tschechisches Kino im Thalia gezeigt wurde, um nicht Geringeres als die Macht der Frauen.

Der Titel des Films klingt ziemlich harmlos. Und doch geht es im Episodenfilm „Kulicky“/Marbles (zu deutsch: Murmeln) der tschechischen Regisseurin Olga Dabarowska, der am Dienstag in der Reihe Tschechisches Kino im Thalia gezeigt wurde, um nicht Geringeres als die Macht der Frauen. Sprich die Möglichkeiten und die Raffinesse, die diese haben, um andere in ihrem Sinne zu manipulieren. Andere sind in diesem Falle meistens, jedoch nicht ausschließlich, Männer.

Angeregt zu diesem Thema wurde die Nachwuchsregisseurin durch Erzählungen aus ihrem eigenen Bekanntenkreis, wie sie im Filmgespräch im Anschluss sagte. Nicht wenige Männer beklagen sich unter vier Augen über ihre Frauen und antworten auf die Frage, warum sie gerade diese Partnerin hätten: „Sie hat mich geheiratet.“

Auch die Frauen in Olga Dabarowskas Debütfilm (2008) bestimmen, wo es langgeht. Egal, ob es sich um das wunderschöne kleine Mädchen aus der Eingangsepisode – Kinder spielen Hochzeit – oder um die alte Boenka aus der letzten Geschichte handelt. Beide ignorieren die Bedürfnisse ihrer Partner und setzen ihren eigenen Willen mit mehr oder weniger subtilen Mitteln durch.

Gar nicht behutsam geht die schöne Rada vor. Objekt ihrer Begierde ist ein junger katholischer Priester. Kurzerhand steigt sie mitten in der Nacht zu ihm ins Bett und verführt ihn. Als ihm von höherer Stelle der Fehltritt verziehen wird, macht sie ihm ein besonderes „Geschenk“, um ihn für immer an sich zu binden. Auch die junge Angelka ist nicht zimperlich, als es darum geht, die Beziehung ihrer Mutter zu einem viel jüngeren Mann zu zerstören. Angelka opfert ihre eigene Jungfräulichkeit, um die Mutter wieder ganz für sich allein zu haben.

Olga Dabarowska, die bereits mit den bekannten Regisseuren Petr Zelenka und David Ondrícek zusammenarbeitete, erzählt mit viel weiblicher Selbstironie und sehr kurzweilig von den Missverständnissen zwischen Männern und Frauen. Dabei gelingen ihr mit wenigen Strichen sehr überzeugende Porträts von Zeitgenossen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus – von religiöser Bruderschaft bis zur Technoszene – und verschiedener Altersgruppen. Großartig die kammerspielartige Schlussgeschichte, in der die 83-jährige Theaterschauspielerin Libue Balounová sehr überzeugend ihr Leinwanddebüt gibt.

Olga Dabarowska hat ganz bewusst mit wenig bekannten Gesichtern gearbeitet, um die „Serienhaftigkeit“ – wenige Stars beherrschen die Leinwand – des gegenwärtigen tschechischen Films bewusst zu durchbrechen. So kamen neben der wunderbaren Alten auch die Newcomerin, die die Rolle der Angelka spielt, hier zum ersten Mal zum Zug.

Und noch etwas ist ungewöhnlich an der Arbeitsweise der sympathischen und sehr auskunftsfreudigen Regisseurin. Am Ende des Filmgesprächs lässt sie immer das Publikum abstimmen, welche der Geschichten am meisten überzeugte: In Potsdam übrigens die Priestergeschichte.

Außerdem verriet sie noch, dass sie sich in ihrem nächsten Film mit der Frage, warum Männer nicht in der Lage sind, die Welt zu verändern, auseinandersetzen wird. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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