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Kultur: Müßiggang ist aller Laster Anfang Musikalisch-literarische Spurensuche zu Luther

Der Anlass waren die vielzitierten 95 Thesen, doch im eigentlichen Mittelpunkt der musikalisch-literarischen Spurensuche in der Klein Glienicker Kapelle am Reformationstag stand Martin Luthers Traktat „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. 30 Thesen sind es, die der Augustinermönch 1520 als Reaktion auf die gegen ihn gerichtete päpstliche Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“ verfasst.

Der Anlass waren die vielzitierten 95 Thesen, doch im eigentlichen Mittelpunkt der musikalisch-literarischen Spurensuche in der Klein Glienicker Kapelle am Reformationstag stand Martin Luthers Traktat „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. 30 Thesen sind es, die der Augustinermönch 1520 als Reaktion auf die gegen ihn gerichtete päpstliche Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“ verfasst. Der Mensch sei „nicht durch Taten, sondern allein durch den Glauben gerechtfertigt“, lautet eines dieser Bekenntnisse. Ein anderes, „dass der Mensch nicht müßig gehen kann, sondern viele gute Taten vollbringen soll“. Eine Erkenntnis, die Bert Brecht in seinen „Sieben Todsünden der Kleinbürger“ auf den Punkt bringt: „Müßiggang ist aller Laster Anfang!“ Nicht müßig gewesen ist auch Andreas Kitschke, Orgelkundler, Architekt und Autor, aus dieser theologischen Hauptschrift des Wittenberger Theologieprofessors ausgiebig zu zitieren, um das Programm „Sehnsuchtsort Europa – Luther und die Folgen“ mit mehreren Textkomplexen zeitbezüglich anzureichern. Im Flyer ist zwar angekündigt, dass man an diesem Reformationstag auch des 136. Kirchweihtages der Kapelle gedenken wolle, doch darüber verliert Andreas Kitschke leider kein Wort. Für Klein Glienicker kein unwesentliches Datum, denn ihre Vorfahren liegen den Herrschenden auf Schloss Babelsberg und Glienicke so lange in den Ohren, bis ihnen anno 1881 nach Plänen von Persius die Klein Glienicker Kapelle erbaut wird. Übrigens ist es auch ein Reformationstag gewesen, an dem 1999 die restaurierte Kapelle wieder in Gebrauch genommen werden kann. Sehr zur Freude der Liebhaber dieses neugotischen märkischen Kleinods, in das sie auch am Dienstag zahllos geströmt sind, um dem Ende des Lutherjahres beizuwohnen.

Da laut Luther die Musik „eine der schönsten Gaben Gottes“ und „beste Labsal einer betrübten Seele“ sei, wird zu Beginn des Reformators Verhältnis zur Musica sacra verbal betrachtet. Musikalisch tritt Johann Sebastian Bach auf den Plan, der bekanntlich der bekannteste Verbreiter der lutherischen Ideen ist. Die Gesangsblöcke bestreitet die Sopranistin Yuriko Bernhöft mit Unterstützung des Organisten Alexander Jerescinsky. „Bist du bei mir“ und andere lyrischen Betrachtungen werden von der Sängerin hellgetönt und höhensicher angestimmt. Geradlinig ist ihr Vortrag, leider auch etwas schärflich und ausdrucksarm. Entsprechend klingt die Orgelbegleitung, die ganz auf den durchdringenden Glanz von Diskantregistern des Schuke-Instruments ausgerichtet ist.

Danach rückt „Luther und die Familie“ in den Fokus. Wir erfahren, dass er „ohne hitzige Liebe und Leidenschaft“ in den Stand der Ehe mit der Nonne Katharina von Bora getreten ist, aus der sechs Kinder erwachsen, die er zwar streng erziehe, aber nicht so wie sein Vater ihn. Da auf seinem umfänglichen Anwesen auch noch elf Waisenkinder aufwachsen, ist stets für Trubel gesorgt. Er führt ein gastfreundliches Haus. Die klingenden Beispiele dazu liefern etwa Cesar Franck („Panis angelicus“) und Georg Friedrich Händel („Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“) – alle im gleichförmigen Duktus, schlicht und mit wenig Gefühl vorgetragen. Ohne Lieblichkeit, aber mit viel kraftvollem Jubel bringt Bernhöft zum Schluss Mozarts „Alleluja“ zu Gehör. Nun ist der Rummel um Luther vorbei. Wer kommt als Nächstes dran?Peter Buske

Peter Buske

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