zum Hauptinhalt

Mozartgedenken in Potsdam: Bekenntnis für die Hoffnung

Mozart zum Gedenken an den 14. April 1945.

Der Kantor der St. Nikolaikirche, Björn O. Wiede, erinnert seit Jahren mit einer Requiem-Vertonung an die schrecklichen Ereignisse in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945, in der fast 1600 Menschen ihr Leben verloren haben und die historische Mitte Potsdams durch die britische Royal Air Force in Schutt und Asche gebombt wurde. Es ist zu begrüßen, dass Wiede mit einem Konzert an diesem Potsdamer Gedenktag zum Innehalten einlädt. Trauer und Mahnung, doch auch Hoffnung vereinigen sich in dieser Stunde in eindringlicher Weise. Auch am Samstag. Mozarts Requiem in d-Moll KV 626 erklang in St. Nikolai, einem Ort, der unter erheblichen Kriegsschäden litt, doch bereits 1981 mit finanzieller Hilfe besonders aus dem Westen wiedereröffnet werden konnte.

Bereits wenige Wochen nach der Zerstörung Potsdams und dem Kriegsende erklang das Requiem von Mozart am 29. Juli 1945 in der St. Peter-und-Paul-Kirche. Der Städtische Chor Potsdam, das Orchester des Deutschen Opernhauses Berlin sowie namhafte Gesangssolisten musizierten unter der Leitung von Hans Chemin-Petit, der nach dem Konzert notierte: „Diese Aufführung war sensationell, die Menschen standen in der überfüllten Kirche, bis zum Portal, tief bewegt und dankbar, dass sie diese Töne zwischen den Trümmern ihrer Stadt nach dem Inferno wieder hören konnten.“

Das Konzert am Samstag war zwar nicht überfüllt, doch sehr gut besucht. Musik weitet die Herzen, heißt es. Björn O. Wiede verstand es, mit der Capella vocale sowie der in historisch informierter Aufführungspraxis agierenden Neuen Potsdamer Hofkapelle mit Mozarts Musik ein kraftvolles christliches Bekenntnis wider die Hoffnungslosigkeit zu präsentieren. Bereits in den ersten Takten des Requiems boten das Doppelquartett Capella vocale mit Eva Friedrich, Anne Schneider, Moritz von Cube, Ulrich Weber, Minsub Hong, Shimon Yoshida, Matthias Lutze und Axel Scheidig sowie die Hofkapelle einen engagierten Vortrag, der sich bis zum letzten Akkord fortsetzte.

Erstaunliches leisteten die acht Sängerinnen und Sänger. Sie sangen nicht nur den umfangreichen Chorpart, sondern auch die Soli und Quartette. Aufgrund des Wechsels zwischen Tutti und Solistenquartett ließ sich das musikdramatische Moment besonders gut herausarbeiten. Dazu trugen insbesondere das erfreulich bewegte Zeitmaß, die bezwingende Deklamation und die gezielte Ausdrucksbetonung bei, wie zum Beispiel im Dies irae, Tuba mirum oder im Lacrimosa. Ebenso ließ die äußerst engagierte Wiedergabe der nachfolgend vertonten Teile des Requiems nicht nach. Den Momenten des Innigen gaben Wiede und die Mitwirkenden einen besonders gebührenden Raum.

Wiede musiziert regelmäßig die Bach’schen Passionen in Minibesetzung, Nun auch Mozarts Requiem, was durchaus reizvoll ist. Es ist nicht zu leugnen, dass es ergreifende Momente gab, aber in den klanggewaltigen Sätzen, beispielsweise im „Dies illa“ („Tag des Zorns“), war die Balance der ansonsten homogen Singenden nicht immer gegeben. Zu oft übertönten die Bässe die anderen Stimmen. Auch die kleine Streicherbesetzung der kultiviert und konzentriert musizierenden Neuen Potsdamer Hofkapelle war dem Bläserapparat oftmals unterlegen.

Ein würdiges Gedenkkonzert, das man in Stille beenden sollte. Doch kaum war der letzte Ton verklungen, setzte Beifall ein. Natürlich war er verdient, doch an diesem Abend fehl am Platz, dafür ein schweigendes und dennoch dankbares Auseinandergehen für ein musikalisches Erlebnis. 

Zur Startseite