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"Monuments Men"-Lesung in Potsdam: Für das Führermuseum gebunkert

Robert Edsel, Autor von „Monuments Men“, erklärte im Waschhaus die Geschichte der Kunstretter. Zuletzt hatte er sich einige Male mit George Clooney getroffen, um mit ihm am Drehbuch für dessen gleichnamigen Kinofilm zu feilen.

Zwei Jahre stand die Büste der Nofretete auf dem Schreibtisch von Sergeant Ken Lindsay. „Einfach so, ohne Glaskasten drum herum“, sagt Robert M. Edsel. Zum Beweis zeigt er ein Dia mit der ägyptischen Königin, die zurzeit im Berliner Neuen Museum unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zu sehen ist.

Lindsay war einer der legendären Monuments Men und arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg im Kunst-Sammellager in Wiesbaden, wo er von den Nazis gestohlene und wieder gefundene Kunstwerke archivierte. Robert Edsel hat darüber ein Buch geschrieben: „Monuments Men. Die Jagd nach Hitlers Raubkunst“. Am Donnerstag war der Amerikaner im Waschhaus zu Gast, berichtete über sein Projekt und die jahrelange Recherche.

Der Gast aus Dallas, Texas, hat sich in den letzten Tagen einige Male mit Schauspieler und Regisseur George Clooney getroffen, um mit ihm am Drehbuch für „Monuments Men“ zu feilen und ihn fachlich zu beraten. Denn die Geschichte um die Kunstretter wird in diesen Wochen von Clooney in den Babelsberger Studios und in Brandenburg mit großem Staraufgebot verfilmt. Doch die etwa 110 amerikanischen Militärs haben damals nicht nur ein bisschen Räuber und Gendarm nach Hollywood-Art gespielt: Fünf Millionen Kunstwerke wurden letztlich durch ihren Einsatz vor der Zerstörung gerettet und zumeist an ihre Besitzer zurückgegeben.

Erschreckend auch, warum es überhaupt dazu kommen konnte. Edsels Vortrag beginnt folglich mit Hitlers verkorkster Künstler-Karriere. Während mit Malern wie Oskar Kokoschka und Egon Schiele Expressionismus und Moderne nicht mehr aufzuhalten waren, malte der verhinderte Kunststudent Adolf Hitler idyllische Aquarell-Postkarten. Für seine Heimatstadt Linz entwickelte er später architektonische Skizzen und Baupläne, auch eine Gemäldegalerie sollte dort entstehen, das „Führermuseum“.

Vor allem kümmerte sich Hitler um die Ausstattung der Kunstsammlung. Er sortierte brutal, was als entartet vernichtet werden sollte und teilweise auch wurde, und was er für sein Museum horten wollte. Mit Kriegsausbruch wurde selbstverständlich auch in den Museen, Schlössern, Bibliotheken, Kirchen und Archiven der besetzten Gebiete geplündert.

Dass die Alliierten von diesen Vorgängen erfuhren, verdankten sie aufmerksamen Bürgern, die beispielsweise beim Ausräumen und Verpacken halfen. Oft wurde ihnen gesagt, es handele sich um Vorsichtsmaßnahmen, um die Werke vor Bombenangriffen zu schützen. Doch Rose Vallan, eine kleine französische Angestellte im Pariser Jeu de Paume Museum, verstand Deutsch und bekam mit, was mit den Werken tatsächlich geschehen sollte, konnte sich Notizen von Werklisten und Adressen machen und ließ sie den Amerikanern zukommen. Am 29. Dezember 1943 erteilte General Eisenhower persönlich Befehl, die Kunstschütze Europas zu schützen: Die Mitglieder der Spezialabteilung für „Monuments, Fine Arts and Archives“ waren ab sofort die Monuments Men.

Sie gingen geheimen Hinweisen nach, waren oft nur schlecht ausgerüstet und schlugen sich per Anhalter durchs Land. Dennoch entdeckten sie über 2000 Lager mit versteckten Kunstwerken, oft in stillgelegten Salzbergwerken, bis unters Dach vollgestellte Kirchen oder Landschlösser. Nach Kriegsende wurde alles in drei Hauptlagern gesammelt und für eine Rückgabe archiviert. Erst 1951 kehrten die Monuments Men in die USA zurück.

Die vergleichsweise späte Rückkehr war ein Grund, so Edsel in der anschließenden Diskussion, warum die Geschichte erst jetzt, viele Jahrezehnte später, aufgearbeitet wird: „Damals begann gerade die Koreakrise – für Kriegsrückkehrer und Geschichten aus Deutschland interessierte sich damals keiner mehr“. Er hat für sein Buch in den letzten Jahren mit 17 der Monuments Men Interviews geführt und eine Stiftung gegründet, weil die Arbeit der Monuments Men noch nicht getan ist, sagt er. Noch sind viele Kunstwerke verschollen. So haben beispielsweise viele Soldaten Bücher oder Gemälde als Souveniers mit nach Hause genommen. „Manchmal bekommen wir Anrufe von deren Kindern oder Enkeln, weil etwas gefunden wird, was die nicht zuordnen können“, sagt Edsel. Mit der Stiftung will er aber vor allem die Aufmerksamkeit der Politiker erreichen. Es dürfe nicht sein, dass heute wieder in den Kriegsgebieten Kunst zerstört wird, wie 2003 während der Invasion des Iraks, sagt er.

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