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Kultur: Monolog über das Sterben

Rahel Ohm spielt im Walhalla „Oskar und die Dame in Rosa“ nach dem gleichnamigen Erfolgsbuch

Rahel Ohm spielt im Walhalla „Oskar und die Dame in Rosa“ nach dem gleichnamigen Erfolgsbuch Die Kleinkunstbühne Walhalla scheint ein etwas ungewöhnlicher Ort für „Oskar und die Dame in Rosa“ zu sein. Schließlich geht es in diesem Stück von dem französischen Erfolgsautor Eric-Emmanuel Schmitt um das Tabuthema Tod. „Als ich das erste Mal die kleine Bühne mit dem bunten Bleiglasfenster sah, dachte ich: Das wäre etwas für ,Lola Blau“, aber nicht für Oskar.“ Dennoch hofft die Schauspielerin Rahel Ohm, die diesen Abend allein zu stemmen hat, dass ihr das Publikum auf diese Reise an die Grenze des Diesseits folgen wird. Rahel Ohm spielt in diesem Monolog die Dame in Rosa, die sich ehrenamtlich im Krankenhaus um Patienten kümmert. So auch um den an Krebs erkrankten zehnjährigen Oskar. Der Junge ahnt, dass er sterben muss, aber keiner ist in der Lage, mit ihm darüber zu sprechen: nicht die Eltern, nicht die Ärzte. Die Dame in Rosa findet Worte, die Oskar akzeptieren kann. Sie macht ihm den Vorschlag, sich jeden noch verbleibenden Tag als ein Jahrzehnt vorzustellen. So durchlebt Oskar die Pubertät, die erste Liebe, die Eifersucht, die Midlifecrisis und schließlich das Alter. In zwölf Tagen durchstreift er ein komplettes Leben. Auch in dem Stück „Herz schlägt Tod“ war Rahel Ohm mit dem Thema Sterben konfrontiert. „Aber das war etwas ganz anderes. Dort spielte ich eine einsame Frau, die sich wie ein Parasit an die Leiden anderer hängt, nur um überhaupt etwas zu erleben. Das hat nichts mit dieser Figur zu tun. Aber natürlich denkt man durch diese Arbeiten auch über die eigene Endlichkeit nach – und schiebt es sofort wieder weg – denn der Tod ist nun mal konträr zum Leben.“ Es ist das erste Mal, dass sich Rahel Ohm auf einen Monolog einlässt. „Da ich sehr gern mit anderen zusammen spiele, habe ich mich bislang etwas davor gedrückt. Aber da das Stück aus Rede und Gegenrede besteht, komme ich mir fast multiple vor.“ Auf Schauspielerfahrungen kann Rahel Ohm jedenfalls ausreichend zurück greifen. Schließlich steht sie seit etwa 20 Jahren auf der Bühne. Schon im letzten Jahr ihrer Schauspielausbildung an der „Ernst Busch“-Hochschule Berlin zog es sie ans Theater. „Ich schenkte mir das vierte Studienjahr, wollte nicht so bekloppt sein und mich als Nummer 35 dem Intendantenvorspiel aussetzen.“ Sie ging stattdessen ans Theater Annaberg, bekam sofort tolle Rollen und schrieb nebenbei die Diplomarbeit. Danach ging es nach Frankfurt (Oder), wo es ebenfalls eine engagierte junge Truppe gab und sie die Lady Milford in „Kabale und Liebe“ ebenso spielen konnte wie Pippi Langstrumpf. „Ich wollte immer weg, aber es gab keinen Grund. Regisseure wie Andreas Kriegenburg oder Armin Petras wollten mit mir arbeiten und ich mit ihnen. Irgendwann bin ich dann doch gegangen, um mich mehr um die Familie kümmern zu können.“ Schließlich musste sie ständig zwischen Frankfurt und Berlin pendeln. Auf neue Angebote brauchte sie nicht lange warten: Sie ging für ein Jahr nach Weimar, und schließlich nach Leipzig – wo dann auch die Tochter eingeschult wurde „Es lief alles bilderbuchmäßig, obwohl ich es nie so empfunden habe“, sagt Rahel Ohm im Rückblick. Doch irgendwann dürstete es sie wieder nach Veränderung und auf Leipzig folgte Kassel. „Ich unterschrieb den Vertrag, ohne die Stadt gesehen zu haben.“ Und das war ihr Fehler. „Kassel hat zwar eine schönes Theater, ist aber ansonsten total hässlich. Mir war, als wenn ich aus dem Westen in den Osten gezogen wäre.“ Auch mit der Mentalität kam sie nicht zurecht: „Die Sachsen sind offen und freundlich, die Nordhessen hingegen misstrauisch und zurückhaltend.“ Ihre Tochter habe dies noch viel mehr zu spüren bekommen. „Obwohl sie ein sehr aufgewecktes Mädchen ist, fand sie keinen Anschluss. Sie war inzwischen in der Pubertät und hatte wie ich Heimweh nach Berlin. Nach drei Jahren gaben wir auf.“ So rollten sie die fliegenden Fahnen, mit denen sie losgezogen waren, wieder ein. „Irgendwie brauchte ich nach 17 Jahren festes Engagement auch eine Auszeit. Schließlich ist das Theater eine ziemliche Tretmühle und ich fühlte mich wie ausgebrannt. Man hangelt sich von Premiere zu Premiere und fragt sich am Ende: ,Und wo bleibe ich?““ Nunmehr wieder im geliebten „Prenzlberg“ verdiente sie gutes Geld beim Filmen, brach von dort aber auch wieder zu Gastspielen an Theatern in Magdeburg, Frankfurt (Main) und auch in Kassel auf. „Ich konnte nicht ganz vom Theater lassen. Wahrscheinlich musste ich weggehen, um zu wissen, dass ich dorthin gehöre.“ Als sie von dem Neuanfang in Potsdam hörte, schrieb sie eine Bewerbung an den Intendanten, den sie nur als Zuschauer kannte und dessen Arbeit ihr gefiel. „Ich wollte wieder im festen Ensemble spielen: Wenn man Vertrauen zueinander hat, entdeckt man auch Neues an sich selbst und an den anderen.“ Als sie das Engagement in der Tasche hatte, wäre sie am liebsten gleich nach Potsdam gezogen, das sie sehr an ihre Kindheit in Biesdorf erinnerte. Aber die Tochter streikte. Nun pendelt Rahel Ohm wieder – und findet das keineswegs problematisch. Bislang konnte man sie in Potsdam in ziemlich kräftigen Rollen erleben: als Gräfin Rostowa in „Krieg und Frieden“, die ackern musste, um ihre Tochter zu verscherbeln, als resolute, kaisertreue Majorin Ziegenhals in „Frau Jenny Treibel“ oder als penetrante Lola in „Herz schlägt Tod“. In „Oskar und die Dame in Rosa“, das bei der Uraufführung 2002 in Paris keine Geringere als die legendäre Danielle Darrieux spielte, wird sie sicher andere Töne anschlagen können. Und in der Ferne winkt auch schon die Rolle der Maria in Shakespeares „Was ihr wollt“. Normalerweise ist sie vor Premieren nicht aufgeregt – „das erlebe ich eher bei den ersten Proben. Doch, wie es jetzt bei dem Monolog sein wird, weiß ich nicht.“ Eine Premiere ist eben immer eine Überraschung. Heidi Jäger Premiere, morgen 20 Uhr, Walhalla.

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