zum Hauptinhalt

Kultur: Mitreißendes Musizieren voller Charme KAP-Sinfoniekonzert im Nikolaisaal

Umziehen bringt für gewöhnlich viel Stress mit sich, sorgt aber auch für mancherlei neue Inspirationen. Komponisten bilden darin keine Ausnahme.

Umziehen bringt für gewöhnlich viel Stress mit sich, sorgt aber auch für mancherlei neue Inspirationen. Komponisten bilden darin keine Ausnahme. Das zweite Sinfoniekonzert der Kammerakademie Potsdam am Samstag im Nikolaisaal stellte einige dieser „kreativen Nomaden“ unter diesem neugierig machenden Programmtitel vor.

Als Erster meldet sich Igor Strawinsky mit seinen „Danses concertantes“ zu Wort, die er kurz nach seiner Emigration in die USA in Los Angeles komponiert. Es sind fünf anmutige Tänze, gewitzte Gelegenheitswerke, inspiriert vom Geist des Neoklassizismus. Unter der Leitung des jungen und energiegeladenen, mit präzisen Gesten und anspornender Körpersprache nicht geizenden spanischen Dirigenten Antonio Méndez versprühen sie ihren rhythmisch pointierten Charme.

Ob elegische Episoden oder draufgängerische Attacken – der Pultmagier spornt die Musiker zu einem ständigen Wechsel von Klangfarben und Stimmungen an. Sie breiten sentimentale Sinnlichkeit genauso überzeugend aus wie filigran groteskes Schwelgen oder kapriziös funkelnde Verführung. Und das alles mit geradezu analytischer Klarheit, die aber andererseits nicht des Gefühls entbehren muss!

Einen eher stilistischen Umzug kann man beim Flötenkonzert von Jacques Ibert erleben, aus dessen dreisatzteiligem Umzugskarton mancherlei raffinierte Accessoires aus Renaissance und Barock hervorquellen, vermischt mit jazzigen Swingzutaten. Kurzum: ein faszinierendes Werk, dessen fantasievolles Farbenspiel und exorbitante Virtuosität schier überwältigen. Was nicht zuletzt an der französischen Meistersolistin Magali Mosnier liegt, die die raffiniertesten und technisch verzwicktesten Flötentöne scheinbar mühelos hervorzubringen versteht. Mit unbändiger Spiellust, leuchtendem und makellos reinem Ton bläst sie rasante Läufe und irrlichternde Intervallkapriolen in den Allegro-Ecksätzen. Verführerisch, glutvoll, faunisch-schmachtend kostet sie das Andante aus. Hierbei wie auch im knackigen Finale wird sie nicht weniger virtuos und federnd von den Musikern der Kammerakademie begleitet. Als Beifallsdank reicht sie eine moderne Piece über Windvarianten dem Publikum dar.

Reichhaltiger und gewichtiger dagegen das Umzugsgepäck des Ludwig van Beethoven in Gestalt seiner 2. Sinfonie D-Dur op. 36, entstanden in Wien und in Heiligenstadt. Scharfe, akzentuierte Bläserakkorde heizen die weitgespannte langsame Einleitung auf, ehe sich die Energie dann doch freisetzen kann. Was folgt, ist eine schier ausdrucksberstende, von kämpferischem Sturm und Drang des 33-jährigen Komponisten durchglühte Wiedergabe.

Weitere Méndez-Meriten: zügige Tempi, ein auf Feinheiten bedachtes, kurz phrasiertes und straff artikuliertes Musizieren. Mitreißend. Peter Buske

Peter Buske

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false