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Mussten das Fechten wieder üben. Reiner Gabriel (l). als Cyrano im Duell mit Felix Isenbügel als Vicomte Valvert, der eben noch leichtfertig über Cyranos große Nase spottete.

© Constanze Henning

Kultur: Mit der Nase im Gebüsch

Das Potsdamer Ensemble Poetenpack zeigt „Cyrano de Bergerac“ im Heckentheater am Neuen Palais

Die Nase ist wertvoll. Sie liegt, gut gefüttert, in einer kleinen Pappschachtel, stets in Obhut der Requisite. Bei der ersten Bühnenprobe von „Cyrano de Bergerac“, dem neuen Sommertheaterstück des Theaters Poetenpack, wird sie von Theaterleiter Andreas Hueck entsprechend gewürdigt. „Sie ist an der Grenze dessen, was als natürlich durchgehen könnte. Aber man sieht sofort, worum es geht: um das Monstrum.“ Die Spezialanfertigung aus einer Werkstatt der Filmstudios Babelsberg für Schauspieler Reiner Gabriel ist „Cyranos“ größtes Problem. Der gewitzte, wortgewandte und leidenschaftliche Mann ist verliebt. Aber er fürchtet, dass die von ihm angebetete Roxane (Julia Borgmeier) seine Gefühle – weil er mit diesem Nasen-Monstrum hässlich ist – nicht erwidern kann. Im Theaterstück von Edmond Rostand verliebt sie sich stattdessen in einen eher tumben, aber hübschen Kadetten aus Cyranos Regiment. Und weil Cyrano seine Roxane so sehr liebt, wird er zum Ghostwriter dessen leidenschaftlicher Liebesbriefe.

Das kann nicht gut ausgehen. Aber bis dahin bekommt der Zuschauer eine feine romantisch-tragische Komödie geboten, voller Säbelrasseln und Wortgefechte. Das Besondere: Im Original sowie in der Übersetzung von Ludwig Fulda ist das Stück von Anfang bis Ende in Versform gehalten. Schmachtende Briefe, schnelle Dialoge, schneidende Monologe, zarte Bekenntnisse – alles fließt zusammen zu einem großartigen poetischen Stück. 1990 wurde der Stoff mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle verfilmt.

„Eine steile Vorlage“, sagt Hueck. Das Poetenpack bringt die Geschichte jetzt auf die Sommerbühne. Auf eine ganz besondere. Erstmals wird damit das Heckentheater am Neuen Palais bespielt, am 7. Juli ist Premiere. Bisher wurde der historische Spielort nur sehr selten genutzt. In diesem Sommer sollen hier insgesamt 19 Aufführungen stattfinden – als Auftaktserie.

„Wir freuen uns sehr, dass der Ort endlich regelmäßig bespielt wird und hoffen, dass daraus eine feste, überregionale Marke wird“, sagte beim ersten Ortstermin am vergangenen Dienstag Heinz Buri, Marketingdirektor der Schlösserstiftung. Erst vor vier Jahren, zum Friedrich-Jubiläum 2012, war das Heckentheater, einst als Open-Air-Verlustigungsort der höfischen Gesellschaft angelegt, wiederhergestellt worden. Mehr als 150 Jahre verwilderte die Anlage. Die große Naturbühne, flankiert von den namengebenden Hainbuchenhecken, in denen sich Schauspieler und Musiker im Off aufhalten oder auf ihre Auftritte vorbereiten konnten, war kaum noch auszumachen: alles zugewuchert. 2011 wurde dann zurückgeschnitten. Die Lücken in den Hecken wurden durch Neupflanzungen gefüllt. Einige originale Bäumchen sind aber noch auszumachen. Der wie im echten Theater leicht abgesenkte Zuschauerraum fasst Stühle für 270 Personen. Das Areal ist umgeben von einem Laubengang, Baumriesen spenden Schatten. Die knapp eineinhalb Meter erhöhte Bühne besteht aus einer Rasenfläche.

Zum Spielen wird hier ein Holzpodest aufgebaut, auch wenn Heinz Buri nichts gegen eine Vertikutierung des Rasens durch Pfennigabsätze einzuwenden hätte. Aber ein fester Boden erleichtert Schauspielern die Arbeit. Aus dem gleichen Grund ist eine akustische Verstärkung geplant. Obwohl die Heckeneinfassung eine erstaunliche Natur-Akustik zeigt. Auch die Zuschauer werden gehätschelt: Die Gartenstühle sind gepolstert, die Plätze nummeriert. Das Catering von Art Gourmet – feine Speisen, gute Weine – ist auf den königlichen Veranstaltungsort abgestimmt. Ein Besuch im Heckentheater soll ein Erlebnis werden. Vor und nach dem Stück bietet sich ein Spaziergang durch den Park Sanssouci an, die Pforten für späte Spaziergänger bleiben geöffnet, niemand werde eingesperrt, sagte Buri.

Eine Regenvariante gibt es allerdings nicht. „Wir spielen bei fast jedem Wetter“, sagte Hueck, „Schauspieler und Kostüme sind regentauglich.“ Sollte bei ganz katastrophaler Wetterlage die Vorstellung abgesagt werden müssen, werde das Stunden vorher über die Internetseite des Theaters kommuniziert.

Auf der Bühne im Theaterdomizil Q-Hof finden in diesem Sommer keine Aufführungen statt. Auch der Hit aus dem vergangenen Jahr, Woody Allens Mittsommernachts-Sex-Komödie, die aufgrund der großen Nachfrage in diesem Sommer wieder aufgenommen wird, wird im Heckentheater gespielt.

Schauspieler und Regisseur Andreas Hueck freut sich vor allem über den vielen Platz. Für „Cyrano de Bergerac“ passt das wunderbar, für den Akt, der auf dem Schlachtfeld spielt und für die vielen Fecht-Szenen – etwa wenn sich Cyrano mit den Spöttern über seine Nase anlegt. Dabei werden Aluminium-Säbel mit Schaukampfklingen benutzt. Fechtlehrer Stefan Lenz trainierte die Schauspieler und übte die Choreografien ein. „Das letzte Mal habe ich das in der Schauspielschule gemacht“, sagte Reiner Gabriel. „Es ist schwer, aber es macht Spaß. Und man muss sich mit seinem Partner sehr gut abstimmen, damit man nicht zu früh in die Parade geht. Es soll ja echt aussehen.“

Premiere hat „Cyrano de Bergerac“ am 7. Juli, 20 Uhr, Karten kosten 14 bis 30 Euro. Das Heckentheater neben dem Nordflügel des Neuen Palais erreicht man über die Straße Am Neuen Palais und von der Bushaltestelle Campus Universität/Lindenallee. Kartenvorverkauf und weitere Infos über www.theater-poetenpack.de

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