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Kultur: Mit dem Blick für Menschen am Rand Misselwitz-Werkschau im Filmmuseum

Lebenswege verlaufen nicht immer gerade. Vielmehr beinhalten sie Kurven, Sackgassen und viele Abzweigungen.

Lebenswege verlaufen nicht immer gerade. Vielmehr beinhalten sie Kurven, Sackgassen und viele Abzweigungen. Im Fall von Helke Misselwitz kann man auch von Umleitungen sprechen. Denn die Regisseurin absolvierte zunächst Ausbildungen zur Möbeltischlerin und Physiotherapeutin, verdiente ihr Geld als Abräumerin in einer Bahnhofsgaststätte und als Aufsichtskraft in einer Galerie. Am 18. Juli wurde Misselwitz, die von 1997 bis 2014 Professorin für Regie an der Babelsberger Filmuniversität war, 70 Jahre alt. Zu diesem Anlass widmet ihr das Filmmuseum Potsdam mit einem Monat Abstand ab dem 17. August eine Werkschau, in der ihre gesamten Filme gezeigt werden.

Spielfilme stehen dabei neben Dokumentarfilmen, Reportagen, Magazin-Beiträgen und eher experimentellen Arbeiten. Misselwitz selbst ist bei vielen der Filmvorführungen zu Gast. In ihren Filmen wendet sich die Regisseurin den Menschen neugierig zu, nimmt gerne Frauen in den Fokus und entlockt all ihren Protagonisten aufschlussreiche Lebensdetails. Oft kreisen die Gespräche um Geschichte und Heimat.

Die wohl bekannteste Expedition von Helke Misselwitz ist „Winter adé“, der am 17. August um 20 Uhr in ihrer Anwesenheit im Filmmuseum zu sehen ist. In dieser Filmreise durch die DDR sprechen Frauen unerwartet offen über sich und die Zustände im Land. Misselwitz ließ mit ihrer Doku kommende Umbrüche vorausahnen und zeigte eine neue Art Dokumentarfilm an. Mit einem Dokumentarfilm endet auch die Werkschau am 23. November. Dann wird ihr Film „Fremde Oder/Obca Odra“ aus dem Jahr 2000 gezeigt. Misselwitz bereist darin die Grenzregion zwischen Deutschland und Polen und erzählt anhand vieler Einzelschicksale die Geschichte des Gebietes.

In ihren Filmen gilt ihr besonderes Augenmerk dem „Nicht-Beachteten“: Menschen am Rande der Gesellschaft, verborgene Sehnsüchte und Befindlichkeiten. Vielleicht, weil sie selbst oft am Rande des Mainstreams stand. Geboren 1947 in Planitz bei Zwickau, absolvierte Misselwitz nach dem Abitur zunächst ihre Ausbildungen, arbeitete dann jedoch als Moderatorin und Regieassistentin beim Fernsehen der DDR. 1978 delegierte sie der Sender zum Regiestudium an die Filmhochschule nach Babelsberg. Eine anschließende Festanstellung schlug sie aber aus. Konsequent entschloss sich die alleinerziehende Mutter, künftig als freie Autorin und Regisseurin zu arbeiten. Neben ihrer Filmkarriere entschied Misselwitz, die von 1985 bis 1988 Meisterschülerin bei Regisseur Heiner Carow war, sich dafür, junge Menschen auszubilden. Viele ihrer eigenen Filme realisierte Misselwitz mit dem Kameramann Thomas Plenert und der Schnittmeisterin Gudrun Steinbrück sowie in den 1990er-Jahren begleitet von der Fotografin Helga Paris. sku

Werkschau zu Helke Misselwitz, vom 17. August bis 23. November im Filmmuseum Potsdam. Mehr zum Programm unter www.filmmuseum-potsdam.de

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