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Kamerafrau Sabine Panossian studierte in Potsdam.

© privat

Michael-Ballhaus-Preis: Potsdamer Kamerafrau ausgezeichnet

Sabine Panossian hat ihr Kamerastudium an der Filmuniversität Potsdam mit "Off Season" abgeschlossen. Für den Film ist sie nun mit dem Michael-Ballhaus-Preis ausgezeichnet worden. 

Von Sarah Kugler

Potsdam - Pastellige Farben, intensive Einstellungen, künstlerisch überhöhte Kompositionen: Der Film „Off Season“ besticht durch seine präzisen Bilder, die dem unterschwelligen Brodeln der Geschichte noch mehr Nachdruck verleihen. Sabine Panossian hat sie eingefangen. Diese Szenen voller langer Blicke, voller Anspannung – und auch voller Sehnsucht. „Off Season“, der wie berichtet auf der diesjährigen Berlinale Premiere feierte, ist der Abschlussfilm der Kamerafrau. Diese Woche wurde sie dafür mit einem der „First Steps“-Nachwuchspreise für Kameraabsolventen ausgezeichnet: dem Michael-Ballhaus-Preis. Sie ist die erste weibliche Absolventin der Filmuni Potsdam, die diesen Preis erhielt.

Mit „Off Season“-Regisseur und Drehbuchautor Henning Beckhoff, mit dem Panossian an der Filmuniversität Potsdam studierte, hat sie schon vor diesem Film zusammengearbeitet. Die spezielle Bildsprache haben sie zusammen entwickelt. Neben intensiven Gesprächen besuchten sie dafür auch die Alte Gemäldegalerie in Berlin. Ein Einfluss, der sich im Film durchaus widerspiegelt. „Off Season“, erzählt in gut 40 Minuten von Judith und Gregor (Franziska Petri und Godehard Giese), die gemeinsam in Palermo Urlaub machen. Noch einmal zu zweit entspannen, bevor das Kind da ist. Doch während Gregor sich schon ganz als Familie fühlt, hadert Judith noch sehr mit ihrer Mutterrolle – und erkundet irgendwann allein die Insel. Dabei ist sie besonders von „La Santuzza“, der heiligen Rosalia, fasziniert. Sie ist die Schutzpatronin von Palermo und lebte angeblich einsam bis zum Tod in einer Höhle am Monte Pellegrino. Wie Judith diese Höhle erkundet, dort einschläft, sich quasi dort einmummelt, gehört zu den nachdrücklichsten Bildern des Films. Und sie erinnert eben an Ikonen oder Heiligendarstellungen aus der Alten Gemäldegalerie.

Sabine Panossian fängt die Szenen in "Off Season" mit einer sehr stringenten Bildsprache ein, die fasziniert.
Sabine Panossian fängt die Szenen in "Off Season" mit einer sehr stringenten Bildsprache ein, die fasziniert.

© Filmstill: Sabine Panossian

„Von Bildern ausgehend, Geschichten zu erzählen, ist meine Leidenschaft“, sagt Panossian, die aus Wien stammt und derzeit in Köln lebt. Geerbt hat sie diese wohl von ihrem Großvater, der früher „immer diese verwackelten Familienfilme aufgenommen hat“. Von ihm erhielt sie auch ihre ersten beiden Kameras – eine zum Fotografieren und eine zum Filmen. Nach der Schule bestand zunächst der Wunsch, Fotografin zu werden, mit Urlaubsfotos aus Asien bewarb sie sich für ein Fotografiestudium an der Wiener Universität der Künste. „Solche Fotos einzureichen, ist natürlich der größte Fehler, den du machen kannst“, reflektiert die 36-Jährige heute und lacht dabei.

Es folgte zunächst ein Studium der Kommunikationswissenschaften in Wien, der Wunsch „irgendetwas mit Film zu machen“, war aber bereits vorhanden. Ein Praktikum bei einer Berliner Produktionsfirma brachte dann die endgültige Entscheidung und Panossian bewarb sich für das Kamerastudium. Bereits während des Praktikums arbeitete sie an Filmprojekten – und wurde 2011 mit dem Deutschen Filmpreis in der Kategorie „Bester Ton“ für die Dokumentation „Pianomania“ ausgezeichnet. Als etwas seltsam beschreibt sie diese Auszeichnung, die eben für das Team vergeben wurde, obwohl sie auch schon damals für die Kamera zuständig war. „Ich habe mich natürlich total gefreut, aber ich musste mich auch oft dafür vor anderen Kameraleuten erklären“, sagt sie.

Gehören auch zum "Off Season"-Team: Produzentin Valeria Venturelli und Regisseur Henig Beckhoff.
Gehören auch zum "Off Season"-Team: Produzentin Valeria Venturelli und Regisseur Henig Beckhoff.

© Manfred Thomas

Die Teamarbeit. Für Panossian ist auch sie eine Motivation, als Kamerafrau zu arbeiten. „Zumindest bei Spielfilmen arbeitest du halt mit vielen, meist tollen Leuten zusammen, lernst neue Menschen kennen.“ Dabei setzt sie sich auch dafür ein, dass mehr Kamerafrauen bei großen Projekten dabei sein können. Sie ist unter anderem Mitglied im „Women Cinematographers Network“. „Ich habe das Gefühl, gerade bewegt sich dahingehend etwas“, sagt sie. Es gebe schon viele Kamerafrauen. Sie müssten nur noch stärker wahrgenommen werden.

Immer wieder neue Visionen für neue Geschichten an anderen Orten zu entwickeln, fasziniere sie dabei. Allerdings auch nur, wenn die Zusammenarbeit gut funktioniert. Nicht immer brächten Regisseure eine eigene Bildvision mit ein, in anderen Fällen ließen sie keine andere als ihre eigene zu. „Beides ist total frustrierend“, sagt die Kamerafrau, die gerade erst vor ein paar Tagen Mutter geworden ist. „Ich möchte nicht die Arbeit des Regisseurs machen, aber nur stupide die Ideen eines anderen abfilmen, macht natürlich auch nicht viel Spaß.“

Mit Kollege Henning Beckhoff sei das zum Glück ganz anders gewesen. Weitere Projekte mit ihm und auch Valeria Venturelli, Produzentin von „Off Season“, sind bereits geplant. Alles hängt allerdings noch an einer entsprechenden finanziellen Förderung. Mit Beckhoff entwickelte sie bereits für den Film „5 Dinge, die ich nicht verstehe“ eine gemeinsame Bildsprache, die dann in „Off Season“ noch einmal verfeinert wurde. „Hier ist nicht mehr alles so kunterbunt, sondern viel stringenter“, sagt Panossian. Die Abstände zwischen Kamera und Schauspielern hat sie hier ganz streng festgelegt: Sie liegen immer bei 1, 20 Meter, 1,50 Meter oder drei Metern. „So entsteht viel mehr Klarheit, alles ist präziser.“ Tatsächlich wirkt der Film mit seinem cleanen Look sehr durchkomponiert, was aber gerade hinsichtlich Judiths Zerrissenheit einen absolut gelungenen Kontrast ergibt.

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