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Kultur: Mehr als nur eine Stimme Zum Tod von

Regine Albrecht

Synchronsprecher leihen der Figur eines ausländischen Films nicht nur ihre Sprache, sondern auch ihre Identität. Er nimmt Einfluss auf die Rezeption des Films und das Ansehen eines Schauspielers. Mit der Farbe, dem Rhythmus oder der Fülle einer Stimme werden Rückschlüsse auf den Charakter und die Psyche erkennbar. Trotz ihrer anspruchsvollen und bemerkenswerten Leistung werden die Synchronsprecher in keinem Abspann erwähnt. Auch die Potsdamerin Regine Albrecht musste darauf verzichten. Die Schauspielerin war eine exzellente Sprecherin. Mit ihrer Stimme konnte sie ganz unterschiedliche Farben und Emotionen aufleuchten lassen. Darum haben Synchron-Studios sie gern verpflichtet. In mehr als 25 Filmen lieh sie zahlreichen Schauspielerinnen ihre Stimme, beispielsweise die von Kelly Bishop in der Serie „Gilmore Girls“, von Penelope Wilton im Film „Match Point“, von Brenda Blethyn in „Grasgeflüster“, aber auch für „Der Pianist“ oder „Brokeback Mountain“. Regine Albrecht freute sich, dass sie 2001 als erste Synchronsprecherin mit dem Deutschen Preis für Synchron gewürdigt wurde.

Regine Albrechts Stimme ist nun verstummt. Wie erst jetzt bekannt wurde, erlag sie am 15. März im Alter von 64 Jahren einem Krebsleiden. Doch ihre Kunst des Sprechens und des Spiels bleibt. Als Darstellerin im Film und im Fernsehen konnte sie sich nicht so entfalten, wie sie es gern wollte. Die Defa und das DDR-Fernsehen holten die Schauspielerin zwar immer wieder vor die Kamera, doch besetzten sie sie vor allem in kleineren Rollen. Doch ein Film, in dem sie neben Chris Doerk und Frank Schöbel 1968 eine der Hauptrollen spielte, machte sie weithin bekannt: „Heißer Sommer“. Die heitere Sommergeschichte ist sogar Kult geworden, bis heute. Regisseur Joachim Hasler verpflichtete die 20-jährige Schauspielstudentin direkt von der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg.

Vor ihrem Studium spielte sie bereits Theater, auf einer Laienbühne, die zu DDR-Zeiten sehr gefördert wurden. Im Arbeitertheater des damaligen Karl-Marx-Werkes Babelsberg konnte sie bereits ihre schauspielerische Begabung unter Beweis stellen. Nachdem Regine Albrecht ihr Schauspieldiplom in der Tasche hatte, blieb sie ihrer Heimatstadt treu. Am Hans Otto Theater war sie ab Anfang der Siebzigerjahre für 14 Spielzeiten lang engagiert. Wichtige Rollen unter anderen in Gorkis „Nachtasyl“, Tschechows „Die Möwe“, Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ oder Brechts „Schwejk im Zweiten Weltkrieg“ wurden ihr anvertraut. Sie wurde eine der prägenden Schauspielerinnen des Hans Otto Theaters.

Noch einmal kehrte Regine Albrecht an das Haus ihrer Bühnenerfolge zurück. 2002/03 spielte sie unter der Regie von Eva Weißenborn in dem Märchenstück „Ronja Räubertochter“ in dem Provisorium der Blechbüchse am Alten Markt: komödiantisch, handfest, zärtlich. Und immer spürte man bei Regine Albrecht große Liebe zum Theater und zum Zuschauer, ob Jung oder Alt. Klaus Büstrin

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