zum Hauptinhalt
Sprachgewaltig. Der Schriftsteller und Musiker Max Goldt.

© picture alliance / Swen Pförtner

Max Goldt im Waschhaus: Natron in der Büchse der Pandora

Mit vielen Pointen und einer gewohnt mächtigen Stimme begeisterte Max Goldt im Potsdamer Waschhaus sein Publikum.

Was für eine Stimme! Wenn man einen professionellen Vorleser benötigt, kommt man um Max Goldt einfach nicht herum – diese gut geölte, schnarrend-sonore Wortgewaltigkeit macht dem Berliner Verbalakrobaten einfach niemand nach. Nicht umsonst ist Max Goldt Stammgast im Potsdamer Waschhaus, einmal im Jahr füllt er zuverlässig die Arena. So wie auch am vergangenen Freitag: In andächtiger Spannung lauschte man dem Meister der deutschen Sprache, wie er einen germanistischen Exkurs mit allen Facetten zelebrierte – unter korrekter Verwendung der Konjunktivformen. Bei anderen ist das ja eher peinlich; nicht bei Max Goldt. „Umgangssprache reicht nicht immer aus, wenn man mehr als ein Sprechgeräusch erzeugen will.“ Auch eine Erkenntnis. Oder diese: „Schönheit ist das Salz in der Suppe visueller Wahrnehmung.“

Der Gang durch eine fiktive Ausstellung

Ach, viel zu schnell vorbei sind doch diese Abende, und so aufschlussreich noch dazu: In kurzen szenischen Texten rezitierte Goldt über „das Bedürfnis nach kraniozervikaler Schweigsamkeit, die aus einem Zusammengeschlagenwerden zu resultieren scheint“. Oder führte eine Gruppe von überreizten „Not-at-all-Kiddies“ durch eine Barockausstellung mit „allegorisch gemeinten Bergen Frauenfleisches“, in deren Zentrum die „Büchse der Pandora“ steht – die mit Natron gefüllt sei, welches nichts weiter als eine Metapher für Ungemach bedeute.

Geschickte Manöver

Pointen lauern bei Max Goldt überall, und oftmals ertappt man sich beim Lachen über ein als Pointe getarntes Wendemanöver. Absurd sei das nicht, wie Goldt konstatiert, als er über die redundante Verwendung des Attributes „absurd“ referierte – aber irgendwie fällt einem doch kein besseres Wort dafür ein. Was sollte es sonst sein, wenn Ex-NDW-Star Micky Diagonal – man erinnere sich an „Honk, honk, hier kommt der Onk“ – auf einem Campingplatz Besuch vom Fernsehen bekommt? Oder wenn unter dem Titel „Voll die Botten ey, die Alte“ in einer S-Bahn „noch nicht mit dem Arbeitsalltag in Berührung gekommene Stadtrandschminkteufel“ zu quietschenden Meerschweinchen mutieren? Gut, dann ist das eben „nicht absurd, sondern inkonsequent“.

Nun mag es keine undankbarere Aufgabe geben, als einen Abend mit Max Goldt nachzuerzählen: Dieser Versuch ist stets zum Scheitern verdammt. Man kann nur immer wieder ermuntern, eine seiner Lesungen zu besuchen. Im nächsten Jahr gibt es gewiss wieder eine Gelegenheit dafür.  

Oliver Dietrich

Zur Startseite