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Kultur: Malerei und Musik in der DDR KAP-Gesprächskonzert im Museum Barberini

Wie stark die politischen Umstände mit den inneren Befindlichkeiten von Künstlern verwoben sein können, zeigt sich derzeit in der Ausstellung „Hinter der Maske“ im Museum Barberini. Ob und inwiefern dieses Diktum auch für die Musik gilt, lautete eine Frage, der beim Gesprächskonzert am Mittwoch im Museum nachgegangen wurde.

Wie stark die politischen Umstände mit den inneren Befindlichkeiten von Künstlern verwoben sein können, zeigt sich derzeit in der Ausstellung „Hinter der Maske“ im Museum Barberini. Ob und inwiefern dieses Diktum auch für die Musik gilt, lautete eine Frage, der beim Gesprächskonzert am Mittwoch im Museum nachgegangen wurde. Angesichts der Fülle der ausgestellten Werke fiel die Auswahl nicht leicht, gestand Moderator Clemens Goldberg gleich zu Beginn. Zumal Werke gefunden werden mussten, denen die Musiker der Kammerakademie Potsdam (KAP) Ausdruck verleihen konnten. Doch selbst in Anbetracht der bisweilen sperrigen musikalischen Werke der DDR-Komponisten Helmut Zapf, Ruth Zechlin und Friedrich Goldmann, wurde die komplexe Aufgabe locker und eingängig gelöst.

Museumsdirektorin Ortrud Westheider und Moderator warfen sich die Assoziationen gegenseitig nur so zu. Zu Beginn erklang ein Trio für Englisch Horn, Viola und Kontrabass (Antje Thierbach, Christoph Starke, Arnulf Ballhorn) von Helmut Zapf – mit dem sprechenden Titel „rivolto“ aus dem Wendejahr 1989. Eine einsame, auch mal quäkende, blökende und pfeifende Stimme, steht hier einer Wand von Tönen gegenüber, die in dichtem Unisono, mit sägenden und hämmernden Geräuschen notorische Störfelder bilden. Überraschend gut passt das Gemälde „Regentag im Atelier“ (1987) von Harald Metzkes dazu, auf dem eine Art nackter Berserker mit hoch erhobenen Armen einen Stuhl schwingt, während eine weibliche Figur auf einem schmalen Holzinstrument bläst.

Solch spannende Konvergenzen finden sich bei allen ausgewählten Werken, obwohl Malerei und Musik ganz unabhängig voneinander entstanden sind. Eine Ausnahme bildet Ruth Zechlins extravagante Studie für „Oboe solo“ (Jan Boettcher), die explizit auf Wieland Försters Plastik „Das Paar“ komponiert wurde. Kein inniges Liebespaar ist da zu sehen, sondern zwei Torsi, die ineinander verkeilt sind, aber zugleich in unterschiedliche Richtungen streben. Der leere Raum dazwischen bildet das eigentliche Zentrum, das von der Oboe eindringlich erkundet wird – in absoluter Einsamkeit.

Der aufkommende Eindruck des Schmerzes wird von der Großaufnahme des „Daumen der Strafe“ von Else Gabriel bis an die Grenze des Erträglichen gesteigert. Sie gehört zur Gruppe der Autoperforationsartisten, die sich als Antwort auf das in der DDR nicht erwünschte künstlerische Verfahren der Performance gegründet hatte. Gleich vier verschiedene Bilder gibt es zum Trio für Viola, Cello (Jan-Peter Kuschel) und Kontrabass von Friedrich Goldmann. Bei aller merklichen Verankerung im Genre der Kammermusik verströmen die vier Sätze zugleich den ungebärdigen Impetus der Neuen Musik.

Trak Wendischs Gemälde „Der Seiltänzer“, ein existenzieller und expressiver Drahtseilakt, findet im unheimlichen Spannungsaufbau, dem Nervenkitzel der dunklen, stockenden Klänge einen kongenialen Spiegel. Maler und Komponisten erweisen sich so – jeder auf seine Art – als Grenzgänger, Meister der Zwischentöne und Individualisten auf der Suche nach neuen Wegen. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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