zum Hauptinhalt

Luthers Hochzeitsmusik in der Nikolaikirche: Imaginationen vom Klangfeinsten

„Die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich“, beschreibt Martin Luther in einer seiner Tischreden deren Bedeutung für Glaube und Gemüt. Er weiß, wovon er redet.

„Die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich“, beschreibt Martin Luther in einer seiner Tischreden deren Bedeutung für Glaube und Gemüt. Er weiß, wovon er redet. Als Knabe singt er im Chorus Musicus der Georgenkirche in Eisenach. An der Erfurter Universität studiert er neben Theologie auch Musiktheorie und Kontrapunkt, macht mit kraftvoller Tenorstimme auf sich aufmerksam. Die Laute spielt er so gut, dass ein Kommilitone ihn als „gelehrten Musiker und Philosophen“ preist. Und so hat das Singen und Musizieren sicher auch bei seiner Hochzeit mit der Nonne Katharina von Bora am 27. Juni 1525 eine wichtige Rolle gespielt. Was wiederum das Ensemble „Capella de la Torre“ unter Leitung von Katharina Bäuml in die Erkundungsspur von „Luthers Hochzeitsmusiken“ gebracht hat. „Was genau erklungen ist, wissen wir nicht“, so die Leiterin. „Doch was es hätte sein können, das haben wir bei Zeitzeugen entdeckt: Stücke, von denen wir sicher sind, dass der Reformator sie gekannt und geliebt hat.“ Das klangfaszinierende und konzertdramaturgisch perfekte Ergebnis, am Freitag in der erfreulich gut besuchten Nikolaikirche dargeboten, lässt das Publikum gleichsam als Hochzeitsgäste an der kirchlichen Zeremonie wie dem Ball am Abend teilhaben.

Zunächst sind wir zum morgendlichen Kirchgang geladen, begleitet von den Klängen einer damals üblichen Stadtpfeiferei, instrumental besetzt mit Schalmei (Katharina Bäuml), Pommer (Hildegard Wippermann), Bass-Dulzian (Regina Hahnke) und Posaune (Falko Munkwitz). Festlich und gravitätisch schreitend vollzieht sich der imaginäre Einzug mit „Fanfare“ und „Pavane“ zweier anonymer Komponisten, unterstützt von Truhenorgel (Martina Fiedler) und dumpfen Landsknechtstrommelrhythmen (Mike Turnbull). Danach erleben wir eine fiktive Hochzeitsmesse, die mit Heinrich Isaacs Introitus „Loquebar de testimoniis“ (Vor Zeugen habe ich mich dazu bekannt) beginnt. Vorgetragen wird das erfolgte Ehegelübde – wie auch spätere liturgische Lobgesänge auf Ehe und Gottes Segen – von der flämischen Sopranistin Cécile Kempenaers. Ob mit oder ohne Begleitung – sie verfügt über eine liebreizende, glasklare, glockenhelle und instrumental geführte Stimme voller schwebender Leuchtkraft und besinnlicher Intensität. In weiteren Stücken von Ludwig Senfl und Josquin Desprez, den Luther als „Notenmeister“ schätzt, kündet die Sängerin von ihrem gestalterischen Facettenreichtum. Und nicht zu vergessen ihre faszinierende Natürlichkeit, die sich mit dem lebendigen, farbenreichen und historisch informierten Spiel der Musiker zu verbinden versteht. Höhepunkt der Zeremonie: die Johann-Walther-Version des Luther-Chorals „Ein feste Burg ist unser Gott“, dessen Melodie zunächst von der Posaune kraftvoll angestimmt wird, in die nacheinander alle anderen einstimmen.

Nach dem „Gottesdienst“ wird dann fröhlich und ausgelassen gefeiert, frisch und lebendig musiziert, die sinnliche Liebe lustvoll liedgepriesen Hörend sieht man vorm inneren Auge, wie der Martin seine Käthe um die Hüfte fasst und mit ihr übermütig über die Tanzfläche wirbelt. Sowohl anonyme als auch aus italienischer oder französischer Feder stammende Tänze laden förmlich dazu ein. Peter Buske

Peter Buske

Zur Startseite