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Kultur: Lorca, Flamenco und Tapas Spanisch-deutsches Theater im KunstWERK

Krieg spielt in der Performance eine Hauptrolle. Schon im ersten Teil, in dem fünf Darstellerinen „nur“ Theater spielen wollen, bricht er mittels Trommelwirbel stahlhelmbewehrter Musiker unmittelbar ins Geschehen auf der Bühne ein.

Krieg spielt in der Performance eine Hauptrolle. Schon im ersten Teil, in dem fünf Darstellerinen „nur“ Theater spielen wollen, bricht er mittels Trommelwirbel stahlhelmbewehrter Musiker unmittelbar ins Geschehen auf der Bühne ein. Die Spielerinnen, die sich gerade noch anmutig zu Flamencorhythmen bewegt hatten, verfallen in militärischen Stechschritt und werden kurze Zeit später leblos von der Bühne geschleift. Und selbst das Publikum gerät nicht nur mental unter Beschuss. Der Saal wird geräumt und nach endlos scheinenden Minuten im Foyer, in denen eine Clownin die Führung übernimmt, dann doch in „Sicherheit“ in den zweiten Stock gebracht.

Schauspielerinnen der Gruppe „Teatro Dispar“ aus dem spanischen Bilbao und Mitglieder des Offenen Kunstvereins Potsdam hatten sich am Freitag anlässlich des Welttheatertages unter der Spielleitung von Clara Pujalte (Mitarbeit Nathalie Fribourg und Sabine Raetsch) in ihrem bilingualen Theaterprojekt nicht nur intensiv mit der Biografie des bedeutenden spanischen Dichters Federico Garcia Lorca beschäftigt, sondern auch nach dem Verhältnis von Theater und Gesellschaft gefragt. Der Autor in Lorcas Stück wendet sich direkt an sein Publikum. Er will nicht unterhalten, sondern die raue Wirklichkeit – in diesem Fall den spanischen Bürgerkrieg – ins Theater holen.

Auch in der Gemeinschaftsproduktion im KunstWerk unter dem Titel „Von Lorca verweht“, die auf Lorcas nachgelassenem Stück „Komödie ohne Titel“ basiert, gibt es kein Aufatmen oder gar unbeteiligtes Zurücklehnen.

Eine Projektion zeigt historische Schwarz-Weiß Bilder der Barrikaden, von Trümmern und Toten des spanischen Bürgerkrieges. „No pasaran“ scheint noch einmal verzweifelt auf, bevor zwei Tänzerinnen die Bühne erobern. In ihren Flamencodarbietungen kommen der Schmerz und die Würde des andalusischen Volkes eindrucksvoll zum Ausdruck. Und auch Lebensbilder Garcia Lorcas, die leider viel zu schnell und leider kommentarlos über die Leinwand flimmern, vermitteln etwas von der Zeit, in der die „Komödie ohne Titel“ entstand.

Weniger deutlich wird allerdings der Bezug der Performance zur Gegenwart. In Augusto Boals Botschaft zum Welttheatertag, die jedem Besucher schon an der Kasse in die Hand gedrückt wurde, wird direkt zur gesellschaftlichen Verantwortung der Bürger aufgerufen. Der brasilianische Regisseur und Begründer des „Theaters der Unterdrückten“ fordert ein Theater, das die Realität nicht nur interpretiert, sondern sie auch verändert.

Ganz so kämpferisch gibt man sich im KunstWERK indes nicht. Clowns animieren das Publikum zum Mitmachen, verteilen Kaffee und Oliven oder verschenken Worte, die jedoch nur zögerlich Absatz finden.

Gelungener war da schon die Fragewürfelaktion, die den Finger in manch gegenwärtige Wunde legte. Zum Abschluss der 90-minütigen, zum Teil verstörend wirkenden Aktion waren dann noch jede Menge selbstgemachte Tapas und spanischer Wein zu verkosten.

Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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