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Lit:potsdam: Literarisch hoch zu Floß

Das Literaturfestival Lit:potsdam begibt sich 2018 in Grenzgewässer - und präsentiert ein dezidiert politisches Programm. Zu Gast sind unter anderem David Grossman, Frank Schätzing und Mariana Leky.

Potsdam - Villen, Gärten, Parks, Gewässer: Das Festival Lit:potsdam hat es sich zum Markenzeichen gemacht, nicht nur Literatur zu feiern, sondern auch die Orte, an denen diese Literatur kredenzt wird. Neu hinzu kommt in diesem, dem sechsten Jahr des Potsdamer Literaturfestivals, ein Ort, der bislang eher selbst Handlungsort war, als Ort einer Lesung: das Floß. Im Rahmen einer „Floßlesung“ werden am 15. Juni Julia Schoch, André Kubiczek und Torsten Schulz aus ihren jüngsten Werken lesen.

Häppchenkultur? Hinter der eventtechnisch cleveren Idee steckt allerdings auch ein dramaturgischer Gedanke: Alle drei Autoren haben sich mit dem politischen Umbruch von 1989 beschäftigt - und die Floßfahrt wird sich durch Potsdamer Grenzgewässer bewegen, die ehemalige innerdeutsche Teilung also gewissermaßen „umschiffen“.

David Grossman ist Writer in Residence

Überhaupt weist die diesjährige Ausgabe des seit seiner Gründung 2013 stetig wachsenden Festivals eine spürbar politische Note auf. Writer in Residence ist in diesem Jahr mit David Grossman erstmals ein internationaler Autor - der nicht nur ein preisgekrönter Schriftsteller (Man Booker Prize), sondern auch ein umtriebiger Friedensaktivist ist. Vor wenigen Tagen hielt er anlässlich des 70. Gründungsjubiläums des Staates Israel in Tel Aviv eine Rede, in der er sagte: „Solange die Palästinenser kein Zuhause haben, werden auch die Israelis keines haben.“

Lit:potsdam ist es gelungen, diesen Mann für vier Tage nach Potsdam einzuladen. Erst wird Grossman im Anschluss an die Floßlesung open air von rbb-Intendantin Patricia Schlesinger interviewt (Karten 15, ermäßigt 12 Euro). Tags darauf, am 16. Juni, ist er dann zur hochpreisigen Folgeveranstaltung im Palais Lichtenau zu Gast: bei der „Lunch-Lesung“ mit Iris Berben (40, ermäßigt 30 Euro).

Mariana Leky ist zu Gast in Potsdam

Sommerliches Openair-Ambiente und Glamour im Palast, Picknickdecke und Champagnerlaune, das sind auch 2018 wesentliche Zutaten im Programm von Lit:potsdam. Schon die Eröffnungsveranstaltung aber zeigt, dass diese Ausgabe inhaltlich tiefer zielt: Am Dienstag, dem 12. Juni, diskutieren Emilia Smechowski („Wir Strebermigranten“) und Ijoma Mangold („Das deutsche Krokodil“) in der Stadt- und Landesbibliothek unter dem Titel „Scham und Selbstbewusstsein“ Integration und Assimilation heute. Davon weiß auch die russisch-deutsche Autorin Sasha Marianna Salzmann ein Lied zu singen, die 2017 nicht weit davon entfernt war, für ihren Länder, Sprachen und Generationen übergreifenden Familienroman „Außer sich“ den Deutschen Buchpreis zu gewinnen. Am Mittwoch, dem 13. Juni, ist sie zum Werkstattgespräch in die Villa Quandt geladen.

Wem das Salzmann'sche Großaufgebot (Militärputsch in der Türkei, transsexuelle Identitätssuche, Antisemitismus) zu schwergängig scheint, mag bei den „Königinnen des Provinzromans“, wie sie Lit:potsam-Leiterin Karin Graf nennt, im Museum Barberini vorbeischauen. Dort unterhalten sich am Samstag, dem 16. Juni, die Bestsellerautorinnen Mariana Leky und Dörte Hansen über „neue deutsche Heimatliteratur“.

Frank Schätzing im Hans Otto Theater

Ein Star des Literaturbetriebs ist zum Finale des Festivals am Sonntag, dem 17. Juni, zur Matinee zu Gast im Hans Otto Theater: Frank Schätzing spricht dort mit Kritiker Denis Scheck über seinen aktuellen Thriller „Die Tyrannei des Schmetterlings“ (11 Uhr, 16, ermäßigt 13 Euro). Anschließend empfiehlt sich ein Besuch auf dem Büchermarkt in der Schiffbauergasse (11 bis 17 Uhr), bei dem regionale Buchläden, Verlage und Literaturschaffende ein Publikum suchen.

So führt Lit:potsdam die unterschiedlichsten Geschmäcker zusammen, wenn auch wahrscheinlich nicht in die gleiche Veranstaltung.

Zum zweiten Mal ist in diesem Jahr das vom Goethe Institut initiierte Festival Next Stage Europe in Potsdam zu Gast, wo am Donnerstag, dem 14. Juni, in szenischen Lesungen zwölf Autorinnen und Autoren aus der Ukraine, Russland, Weißrussland und Georgien ihre Theatertexte präsentieren. Austragungsort ist erneut das Hans Otto Theater, der Eintritt wieder frei.

Auf Tour durch Brandenburg

Neu ist ein Format, mit dem Lit:potsdam die Fühler ins Land ausstrecken will. Der Literaturkritiker Thomas Böhm wurde eingeladen, ein Programm zu entwickeln, das am Europäischen Kulturerbejahr und dessen Thema „Sharing Heritage“ andockt. „Europa - ein Geschichtenschatz“ will Geschichten aus allen Ländern Europas versammeln, zusammengetragen von namhaften Autoren wie Sofi Oksanen und Janne Teller. Vom 20. bis 29. Juni tourt das Programm dann durch Brandenburg, geht auf Lesereise nach Cottbus, Frankfurt/Oder und Brandenburg an der Havel. Auch das sei auf seine Art eine Übung in Sachen Grenzüberschreitung. 

Lit:potsdam findet vom 12. bis 17. Juni in Potsdam statt. Das Programm steht unter www.litpotsdam.de

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