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Der Liebe auf der Spur. Ab dem morgigen Donnerstag sind die Tänzer der Oxymoron Dance Company mit ihrer neuen Produktion „Romeo meets Julia“ auf der Seebühne in der Schiffbauergasse zu erleben.

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Kultur: Liebestanz unterm Sternenzelt

Die Oxymoron Dance Company philosophiert mit „Romeo meets Julia“ über die Liebe

Was ist romantischer, als „Romeo und Julia“ direkt unter dem Sternenzelt zu erleben! Aber die vergangenen Tage fühlten sich fast wie Herbsttage an: bedeckt, windig und regnerisch. Doch am morgigen Donnerstag sollte der Wettergott mitspielen, denn dann bringt die Potsdamer Oxymoron Dance Company mit „Romeo meets Julia“ ihre Adaption von Romeo und Julia auf der Seebühne am Tiefen See in der Schiffbauergasse, direkt hinter dem Hans Otto Theater (HOT), zur Premiere.

Laut hallt an diesem Morgen das Knallen von mit Nägeln beschlagenen Absätzen durch das Studio 1 der „fabrik“ in der Schiffbauergasse. Eine Flamenco-Tänzerin im langen roten Rock lässt, schon bevor die Probe losgeht, die typischen schnellen Schrittfolgen erklingen, die die Schönheit und den Reiz des „baile flamenco“ ausmachen. Und Anja Kozik, die das erste Mal mit Antje Malze zusammenarbeitet, schätzt die Kraft und die besondere Energie dieser andalusischen Tanzkunst, deren Rhythmik für die Choreografin fast wie ein eigenes Instrument ist. Flamenco habe zudem viel Leidenschaft und Weiblichkeit, was sie sehr schätze, und die ihr bei ihrer neuesten Produktion sehr zupass kommen werden.

Die Idee, eine eigene Romeo und Julia-Adaption für die Freiluftsaison zu erarbeiten, kam Anja Kozik bei ihrer Mitarbeit an der Romeo und Julia-Inszenierung des Hans Otto Theaters, bei der sie für die Choreografie verantwortlich war. Und seit der Aufführung von „I wanna die for you“ (2009) lässt die Potsdamer das Romeo-und-Julia-Motiv ohnehin nicht mehr los. Dazu sagt sie, dass uns alle das Thema Liebe schon lange umtreibt: Was verhindert auch heute noch, über 400 Jahre nach Shakespeare, dass man nicht (mehr) zusammenkommt, warum funktionieren Beziehungen nicht? Aus „Romeo und Julia“ wissen wir, dass deren Liebe an ‚Äußerlichkeiten’ zerbrochen ist, und heute sind es offensichtlich wir selbst, an denen wir oft scheitern, so Anja Kozik.

Der Reiz, sich mit „Romeo und Julia“ zu beschäftigen, besteht für Anja Kozik auch darin, sich mit deren großer Hingabe auseinanderzusetzen. Gibt es das heute überhaupt noch? Wie weit lässt man sich auf jemanden wirklich ein? Sie beobachtet, wie schwierig es in unserer jetzigen Leistungsgesellschaft ist, auch in einer Liebesbeziehung immer toll, immer präsent zu sein. Man verausgabt sich ständig und ist schnell total erschöpft. Aber die Sehnsucht nach dieser Hingabe sei bei allen, sagt die Choreografin, die zumeist mit Jugendlichen arbeitet, vorhanden. Doch getrieben von dem Immer-Funktionieren-Müssen, „diesem Tagesbeat“, hat man kaum Zeit sich auf den Anderen wirklich einzulassen.

In ihrem neuen Tanzstück gibt es sehr verschiedene Paare. Aber im Grunde sind wir alle Julias und Romeos, die in unserer Sehnsucht nach der großen Liebe zusammentreffen, so Anja Kozik. Das eine Paar – U-Gin Boateng und Agnes Wrazidlo – gerät nach seiner ersten Begegnung bald in einen atemlosen Wettstreit und die Leidenschaft füreinander verliert sich im gegenseitigen abwartenden Umkreisen. Ein anderes Paar – Rene Schwittay und Elisabeth Kindler –, das augenscheinlich schon eine gehörige Wegstrecke gemeinsam gegangen ist, kommt an den Punkt, an dem gar nichts mehr gemeinsam zu gehen scheint. Und auch Männer wie Timo Draheim drehen sich im Reigen der Gefühle um- und miteinander.

Geben und Nehmen, erkannt werden, großes Glück und tiefe Trauer, Innigkeit, Vergeblichkeit, Zärtlichkeit und Härte – das alles wird man in dieser knappen Stunde modernen Tanzes erleben können, zu der der Schauspieler Rene Schwittay eine Textcollage geschrieben hat. Schwittay, der in der HOT-Inszenierung von „Romeo und Julia“ den Bruder Lorenzo spielt, hat Anja Kozik über das dazugehörige Tanztraining kennen gelernt. Bei Romeo und Julia, sagt er, ist es ja so, dass dieses Paar keinen Alltag erlebt. Es verliebt sich unsterblich ineinander und wenige Tage später sind beide tot. Heutzutage versucht man, die Anfangsbegeisterung unendlich auszudehnen, oder aber man sucht auf diversen Beziehungsmarktplätzen nach immer neuen Kicks, ohne sich auf andere Menschen wirklich einzulassen. Seine Texte kreisen jetzt vor allem assoziativ um das Thema Liebe. Er fragt in einem monologischen Zwiegespräch unter anderem nach dem Punkt in der Beziehung, an dem sich deren Scheitern festmachen beziehungsweise verhindern lässt. Und man kann gespannt sein, ob es einen Ausweg aus dieser ganz persönlichen Sackgasse gibt.

Viele Fragen und ganz individuelle Antworten, das ist es, was die Oxymoron-Produktion bei jungen und älteren Zuschauern auslösen will, wenn sich die sechs Tänzerinnen und Tänzer mittels Flamenco, Breakdance und Modern Dance auf Potsdams erster Seebühne bewegen. Dabei werden sie live begleitet von Mitgliedern der Band 5punkt1. Marcel Siegel gab auf der Probe mit seinem Bass schon einen Vorgeschmack darauf. Zusammen mit Christian Richter am Schlagzeug und Christoph Kozik am Computer, orientiert an Stücken wie „Die kommenden Tage“ von den Hundreds oder „The Haunted Ocean 5“ von Max Richter, wollen sie dieser Tanzproduktion einen zeitgemäß jungen aber auch überaus romantischen Klang verleihen.

Premiere von „Romeo meets Julia“ am morgigen Donnerstag um 21 Uhr auf der Seebühne hinter dem Hans Otto Theater. Nächste Vorstellungen am 29. Juli um 21 Uhr sowie am 11./12. und 14. August jeweils 20 Uhr. Der Eintritt kostet im Vorverkauf 12, ermäßigt 8 Euro, an der Abendkasse 14, ermäßigt 10 Euro

Astrid Priebs-Tröger

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