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Kultur: „Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter!“ Anja Maier stellt ihr Buch im Cafe „11-line“ vor

„Eins im Wagen, eins am Wagen, eins im Bauch, so schettern die hier die Straße runter.“ Solche und weitere Sätze gegenüber den hippen, inflationär vorkommenden Müttern im ehemaligen Szene-Viertel Prenzlauer Berg lässt die Chefin eines Cafés von sich, als sie bei Anja Maier, die gerade das Café betreten hat, über das Phänomen Mütter im Prenzlauer Berg Dampf ablässt.

„Eins im Wagen, eins am Wagen, eins im Bauch, so schettern die hier die Straße runter.“ Solche und weitere Sätze gegenüber den hippen, inflationär vorkommenden Müttern im ehemaligen Szene-Viertel Prenzlauer Berg lässt die Chefin eines Cafés von sich, als sie bei Anja Maier, die gerade das Café betreten hat, über das Phänomen Mütter im Prenzlauer Berg Dampf ablässt. Die Kaffeehausbesitzerin ist eine von den wenigen in diesem Stadtteil, die der Hype ums Kinderkriegen und Kinder fördern noch nicht mitgerissen hat. Entnervt berichtet sie von den Müttern, die mit ihren überdimensional großen und teuren Kinderwagen die kompletten Wege im Café versperren, ihre angebliche extravagante Stellung in der Gesellschaft durch extravagante Speisen- und Getränkewünsche unterstreichen und öffentlich die Brust zum Stillen der Kinder herausholen, oder wie es die Chefin des Cafés formulieren würde: Die holen einfach ihre Euter raus, ohne eine Decke drüberzulegen.

Schonungslos und satirisch zeichnet Anja Maier, geboren 1965 in Ost-Berlin, das moderne Mutterdasein im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg in ihrem Buch „Lassen sie mich durch, ich bin Mutter! Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern“ nach, das sie am kommenden Freitag in Potsdam vorstellt. Ort für ihre Studien war der Prenzlauer Berg, den die Mütter gerne als ein Dorf in der Stadt sehen, um den Kindern die kleinstädtische Idylle zu ermöglichen, aber trotzdem aus einer größtmöglichen Auswahl an Förder- und Forderprogrammen wählen möchten – denn für die Kinder nur das Beste. Sie werden als das Projekt des Lebens begriffen, nicht etwa die eigene Karriere. Die antiautoritäre Erziehung lässt die Kinder zu unselbständigen und egozentrischen Menschen heranwachsen. Hemmungslose Selbstgentrifizierung nennt Anja Maier dies in ihrem Buch über eine Generation in angesagten Stadtvierteln, in denen nur noch Medienfuzzies und Macchiato trinkende Mütter das Sagen haben. Anja Maier weiß, wovon sie spricht, lebte sie selbst doch jahrelang mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern im Prenzlauer Berg, bis sie eines Tages die Tür hinter sich zuzog, um gemeinsam mit ihrer Familie an den Stadtrand zu ziehen. Wie Anja Maier müssen sich auch viele andere alteingesessene Bewohner des Viertels einen neuen Wohnort suchen, denn die Mieten sind durch Luxussanierungen stark gestiegen und Menschen ohne Kinder sind im Grunde genommen in diesem Stadtteil nicht mehr erwünscht. Realitätsnah, amüsant und entlarvend zeigt Anja Maier die Lebensverhältnisse in einem sich in den letzten Jahren stark veränderten Prenzlauer Berg auf. Anna-Maria Kunath

Anja Maier liest aus „Lassen sie mich durch, ich bin Mutter! Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern“ am kommenden Freitag, 9. März um 19.30 Uhr, im Cafe „11-line“, Charlottenstraße 119

Anna-Maria Kunath

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