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Kultur: Lächerlichkeitsstrategie

Die Komödie „Leroy“ von Armin Völckers im Thalia

Es wurde viel gelacht am Dienstagabend im Thalia-Kino. Dazu bot „Leroy“, der erste abendfüllende Spielfilm des früheren Malers Armin Völckers, auch ziemlich viel Gelegenheit. Leroy, der 17-jährige Held ist gerade zum ersten Mal verliebt. Schon diese Ausgangssituation bietet eigentlich genug Situationskomik. Doch darüber hinaus spielt die flott inszenierte Teenagergeschichte mitten im multikulturellen Berlin. Und: Leroy ist schwarz. Freundin Eva hingegen stammt ausgerechnet aus einer strammen rechten Familie. Und so kommt, was kommen muss: Zwei nahezu unversöhnliche Welten prallen in dieser, wie eine zeitgenössische Romeo- und Julia-Adaption erzählte Geschichte immer wieder heftig aufeinander.

Dabei hat der Drehbuchautor und Regisseur, was die Typisierung seiner Figuren angeht, beinahe kein Klischee ausgelassen. Evas vier ältere Brüder sind rechte Bilderbuch-Skinheads: Durch und durch rassistisch, dumpfbackig und gewaltbereit. Ständig verteilen sie auch untereinander Schläge auf den Hinterkopf, was bekanntermaßen das Denkvermögen erhöhen soll. Der anfangs naive Leroy hingegen liebt Goethe und klassische Musik und hat auch sonst kaum etwas an sich, was einen 17-jährigen afrodeutschen Großstädter auszeichnet. Das linksintellektuelle Schöneberger Milieu, dem er entstammt, wird im Film genauso überzeichnet wie die Weltanschauung der rechtskonservativen Familie Braun, bei der selbst die Wellensittiche Rommel und Kaltenbrunner heißen. Auf dem Höhepunkt der Eskalation – vorher wurden bereits Eva aus Versehen und ihr jüdisch-schwuler Freund Jerome mit voller Absicht von den Rechten zusammen-geschlagen – gelingt Leroy das scheinbar Unmögliche. Die Annäherung findet als Vereinnahmung statt: Gemeinsam mit den Braun-Brüdern gründet er, der sich erst im Laufe der Entwicklungsgeschichte seiner eigenen schwarzen und vor allem musikalischen Wurzeln bewusst wurde, eine „Nazipop-Boygroup“ und hofft durch Kommerzialisierung und Überführung in den Mainstream die braune Subkultur kaputt zu machen. Das lobenswerte didaktische Anliegen, mit leichter Hand von ernsten Problemen zu erzählen, ist allerdings oft spürbar und die vielen Identifikationsangebote an junges Publikum haben manchmal den Beigeschmack der strategischen Anbiederung. Die Lächerlichkeits- und Vereinnahmungsstrategie hingegen funktioniert nur im Film einigermaßen. Für die viel komplexere Realität scheint sie mehr als ungeeignet.

Das war in der sich anschließenden, auch immer wieder kontrovers verlaufenden Zuschauerdiskussion mit Regisseur Armin Völckers und Hauptdarsteller Alain Morel, die im Thalia anwesend waren, ebenfalls deutlich zu spüren. Frei nach dem Nietzsche-Wort „Nicht durch Zorn, sondern durch Lachen tötet man“, fanden viele der Zuschauer, vor allem Sozialpädagogikstudenten, unter ihnen auch die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg Prof. Karin Weiss, überaus bemerkenswert, dass sich der Film dem Thema Rassismus „aus anderer Perspektive“ nähert. Andere wiederum äußerten, „dass die Skinheads extrem flach rübergekommen sind“, und das im Film reproduzierte Klischee „Die sind einfach nur blöde“ nicht der Realität entspricht und man mit „Schubladendenken“ keinen Schritt weiter in der Auseinandersetzung mit dem allerorts vorhandenen latenten Alltagsrassismus kommen wird. Konsens war jedoch, dass die Komödie zumindest das Nachdenken über allgegenwärtige Vorurteile und Klischees anregen und befördern kann.

„Leroy“ wird heute im Babelsberger Kino zum Auftakt von „Thalia macht Schule“ gezeigt. In den Vormittagsstunden sind Schulvorstellungen zu einem günstigen Preis mit mehreren Filmen geplant. Thalia möchte gern, dass in der Schule Medienkompetenz vermittelt wird und man den Film als Kulturgut einordnet. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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