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Johanna-Maria Fritz ist die Gewinnerin des Kunstpreises Fotografie 2018.

© Michael Lüder

Kunstpreis Fotografie in Potsdam verliehen: Frei wie ein Vogel

Die Berliner Künstlerin Johanna-Maria Fritz hat den Kunstpreis Fotografie 2018 erhalten – für ein Projekt, das sie weltweit unterwegs sein ließ. 

Dunkle, krause Haare rahmen das Gesicht der Fotografin Johanna-Maria Fritz. An einem lichten Sommertag kommt die junge Frau, deren große Augen auffallen, die belebte Touristenmeile der Oranienstraße in Berlin-Kreuzberg herunter geschlendert. Die 24-Jährige hat den mit 10 000 Euro dotierten Kunstpreis Fotografie 2018 erhalten, ausgelobt von der Land Brandenburg Lotto GmbH. Gestern Abend wurde er ihr im Kunstraum Potsdam überreicht. 

An jenem Sommertag hat sie nicht viel Zeit für das Interview. Denn sie ist auf dem Weg zu einer seltenen Blume, deren Namen sie vergessen hat, die aber erstmals in Berlin blüht, oder vielleicht schon verblüht ist. So genau weiß sie das nicht. Die Blume steht im Botanischen Garten, es wäre ein Glück sie zu sehen. Vielleicht verbindet sie damit die Idee für ein neues Fotoprojekt, aber das möchte sie nicht so genau sagen. „Ich habe immer einige Ideen für Projekte. Wie die sich entwickeln, weiß ich nicht genau. Vorher möchte ich nicht so gerne darüber sprechen“, sagt Fritz. 

Bilder von Zirkusartisten

Den Preis hat sie erhalten für ihr Fotoprojekt „Like a Bird“. Daraus soll ein Buch entstehen, ob das klappt wird sich noch zeigen. Ein Buch zu publizieren ist teuer und in der Regel muss der Künstler einen erheblichen Eigenanteil an den Kosten erbringen. Fritz zeigt in dem Projekt Bilder von Zirkusartisten. Nicht aus der Manege, sondern den Alltag, das Training. Die Zuschauer, wie sie auf die Show warten. Ein Schlangenmensch, eine ganzkörperverhüllte Artistin, die mit zwei Jonglierkeulen posiert, eine Menschenpyramide auf einem Steinfeld vor der nebelverhangenen Silhouette einer Stadt. 

Für das Projekt hat sie bereits in verschiedenen Ländern recherchiert: in Afghanistan, im Gazastreifen, im Iran. Sie hat die Zirkusse und das Leben dort begleitet, mehrere Wochen jeweils. Es sollen Bilder entstehen, die das Leben der Artisten ohne den Glamour zeigen, das Gewöhnliche im Besonderen. Das Bild, für das sie den Preis erhalten hat, zeigt einen Reiter mit Weste und Hut, der am Strand auf dem Rücken zweier Pferde steht. „Das ist Abdallah, ein Kunstreiter. Er hat eine Pferdefarm. Jeden Tag reitet er an den Strand und macht dort eine Show“, sagt Fritz. Tatsächlich steht der Reiter wie ein langbeiniger Vogel auf den Pferderücken. Ein Junge in einem Zirkus hat ihr gesagt, das Leben dort fühle sich an wie das eines Vogels, erklärt Fritz den Projekttitel. 

Mit 17 an die berühmte Fotoschule Ostkreuz

Schon sehr früh stand für Johanna-Maria Fritz fest, dass die Fotografie ihr Leben bestimmen würde. Sie lebte zunächst in Baden-Baden. Nachdem sie früh die Schule beendet hatte, begann sie mit 17 Jahren ein Studium an der renommierten Fotoschule Ostkreuz in Berlin, das sie mit 21 Jahren abschloss. Dann bewarb sie sich mit ihrer Abschlussmappe bei Redaktionen und Magazinen. Für Fritz ergab sich eine Assistenz bei dem bekannten Fotografen Daniel Josefsohn. „Von ihm habe ich unheimlich viel gelernt. Bildauswahl, Kunden zu kontaktieren und auch zu halten, das Pitchen von Projekten. Er war ein verrückter Typ, aber als ich ihm vorgestellt wurde, war sofort klar, dass wir miteinander arbeiten würden“, erinnert sich Fritz an den 2016 verstorbenen Fotografen. 

Bereits seit mehr als ein Jahr fotografiert Fritz zusammen mit der Künstlerin Charlotte Schmitz auch im Berliner Tiergarten, wo sich eine Szene aus Flüchtlingen und meist männlichen Prostituierten etabliert hat. Meist arbeitet sie für ihre Fotoserien mit einem Journalisten, Philip Malzahn, zusammen, der dann die Geschichte zu den Bildern schreibt, die zusammen mit den Fotos in der internationalen Presse erscheint. Dennoch: Die Honorare sind knapp, Fritz arbeitet als selbständige Fotografin, keine Redaktion möchte das Risiko übernehmen, wenn bei einer der gelegentlich gefährlichen Fotoreisen dann doch etwas schief geht. 

2016 hat sie im Gazastreifen recherchiert. Dort hat sie die Schüsse der Soldaten gehört, die auf diejenigen geschossen haben, die sich zu weit aufs Meer hinaus gewagt haben. „Einige Kilometer darf man mit dem Boot hinaus fahren, dann wird ohne Vorwarnung geschossen“, so Fritz. Die im Gazastreifen eingeschlossenen Palästinenser werden häufig von israelischer Seite beschossen. Ein Kulturzentrum, in dem Fritz sich aufgehalten hatte, wurde durch eine Bombe zerstört. Dennoch liebt sie ihre Arbeit an Themen, die gründliche, ausdauernde Recherche. Auch wenn es finanziell ein knappes Jonglieren mit Honoraren für verkaufte Fotos, Preisgeldern und Stipendien ist. „Es fühlt sich richtig an."

"Like a Bird“ ist bis zum 2.9. im Kunstraum, Schiffbauergasse 4d, zu sehen.

Weitere Informationen zum Kunstraum Potsdam finden Sie hier

Weitere Informationen zu Johanna-Maria Fritz finden Sie auf ihrer Webseite.

Richard Rabensaat

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