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Kunsthaus Potsdam e.V.: Lustige Ellipsen des Zufalls

Birgit Möckel hat den Vorsitz des Kunsthaus Potsdam e.V. von Renate Griesebach übernommen und spricht über ihre Pläne für den Ausstellungsort.

Potsdam - Birgit Möckel mag Zufälle. Sie ist keine, die ihr Leben strategisch plant – und vielleicht landet sie gerade deshalb immer genau am richtigen Platz. Seit Anfang Juli ist sie jetzt neue Vorsitzende des Kunstvereins Kunsthaus Potsdam e.V. . Den Posten hat sie von Renate Griesebach übernommen, die sich jetzt – nach zehn Jahren am Kunsthaus – wieder mehr der Familie widmen will. Birgit Möckel war bereits in den vergangenen zwei Jahren ihre Stellvertreterin. Zum Haus selbst stieß Birgit Möckel aber schon vor rund vier Jahren – auch das eher beiläufig. Sie, die Kunsthistorikerin und Kuratorin, suchte damals Räume für die Ausstellung „Paradestücke“ der Ateliergemeinschaft Panzerhalle. Am Ende fand sie die zwar in Sacrow, doch der Kontakt mit Renate Griesebach war nun einmal geknüpft.

Eigentlich lag das Kunsthaus ohnehin auf dem Weg – Möckel, die in Berlin wohnt, bringt seit Jahren den FH-Studenten Kunstgeschichte nahe. Deswegen zögerte sie auch, den Posten von Renate Griesebach zu übernehmen. „Das ist zwar ein Ehrenamt, aber auch ein Fulltimejob, und nebenbei habe ich ja noch einen Beruf“, sagt sie. So, wie sie dabei aber über das ganze Gesicht strahlt, muss man annehmen, dass ihr dieses Ehrenamt auch eine Menge Spaß machen wird.

Potsdam unterstützt das Kunsthaus

Dazu gehört nicht nur, Ideen für spannende Ausstellungen zu entwickeln, die Künstler heranzuholen und zu betreuen, sondern natürlich auch das Finanzielle. Das Kunsthaus wird zwar seit Jahren zunehmend von der Stadt unterstützt – „das deckt aber nur rund ein Viertel unseres Budgets“, sagt Birgit Möckel. Etwa 60 000 Euro brauchen sie im Jahr, für Personalkosten, Miete, die Kunst. Auch die Beiträge der Vereinsmitglieder decken den Rest nicht ab, also muss Möckel Drittmittel einwerben. Schon letztes Jahr hat sie deshalb die Willms-Neuhaus-Stiftung für „Zufall und Gestaltung“ ins Boot geholt – die sich der Wertschätzung des Unvorhersehbarens, Nicht-Planbarens verschrieben hat. Mit ihr hat Möckel auch gleich eine Schau zum Thema Zufall kreiert.

Alles kann sie allerdings nicht dem Zufall überlassen. Es fehlen, das sagt sie auch ganz frei heraus, die jungen Besucher. Gut, neulich war mal eine Schulklasse da – aber es sollen mehr werden. Etwa, wenn jemand wie Ulrich Meister anreist. Der Künstler hat an der „documenta IX“ teilgenommen, und „documenta“. das gilt ja schon immer noch ein bisschen als Aushängeschild: Hier ist jemand Avantgarde. Noch bis zum Sonntag, dem 16. August, sind seine ultra-minimalistischen Arbeiten hier zu sehen. Bilder, die so einfach, so reduziert sind, dass man sich fast auf der Schwelle schon wieder umdrehen möchte. Ein Blick und man denkt: Ich hab es kapiert.

„Er gilt als der Ding-Poet unter den Künstlern“

Was nicht stimmt. Denn was so schlicht aussieht, ist eigentlich ein hintersinniges Konzept. „Man erkennt ja sofort, was dargestellt ist“, sagt Möckel. Zugleich fragt man sich: Warum beschäftigt sich jemand seit Jahren mit den Formen von Büchern, von Brot? „Er gilt als der Ding-Poet unter den Künstlern“, so Möckel. Mal arbeitet er mit Sprache, mal mit Formen. Ganz gleich aber, welches Material er verwendet – immer reduziert er es so weit, dass ein Kürzel entsteht, etwas fast piktogrammhaftes. Der kleinste gemeinsame Nenner für etwas Größeres. Mit diesen so weit reduzierten Formen spielt er dann, mit all den Ellipsen, Ovalen, Kreisen, er guckt: Aus welchen Perspektiven lassen sie sich betrachten? Plötzlich wird aus der Ellipse hier das Innere eines Autoreifens, eine kleine graue Fläche nur, die einer größeren schwarzen Richtung und Struktur verleiht. Beim nächsten Bild, dasselbe Oval – aber als Anschnitt einer Salami. Wieder beim nächsten Bild wird aus dem Oval ein Kreis, der kugelige Bauch einer Tupperschüssel, die für das Auge des Betrachters zum Sprungbrett wird zum kreisrunden Fenster des Kunsthauses. Von dort wandert es weiter zum wieder langgedehnten Oval einer Buttermesserschneide – und plötzlich hat man anhand all dieser Rund-Variationen eine Runde durch den Raum gedreht.

Das macht Spaß – wenn jemand wie Birgit Möckel es erklärt, begeistert und ganz ohne den Dünkel, den manche Kuratoren vor sich hertragen. „Man ist ja auch als Kunsthistoriker ein kleiner Missionar“, sagt sie und lacht. Zu dem Fach kam sie übrigens auch eher zufällig, eigentlich schwankte sie zwischen Lehramt- und Kunststudium. Die Geisteswissenschaft stellte sich dann aber als genau das richtige heraus, in ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit George Grosz, im Volontariat an der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden lernte sie dann, Ausstellungen zu organisieren. Nach Potsdam kam sie erst über ihre Patenkinder, die hier leben – und über den Lehrauftrag an der FH. „Wenn man offen bleibt, führt einen die Kunst schon an die Sehnsuchtsorte“, so drückt sie es aus. Man merkt: Sie hat Respekt vor dem, was Frank Michael Zeidler und Hubertus von der Golz vor rund zwölf Jahren mit dem Kunsthaus aufgebaut haben. „Wir sind ein Ort, der klassische und moderne Positionen verbindet, ein Ort für ein bürgerliches, ein kunstaffines Publikum.“ Jetzt gilt es für sie, das etwas abgeschieden im Ulanenweg gelegene Haus zumindest inhaltlich zur Stadt hin zu öffnen. Ein erster Schritt in diese Richtung soll eine Armando-Ausstellung im Februar sein, die in Kooperation mit dem Potsdam Museum stattfindet.

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