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Kultur: Kunst statt Bier

Der Brandenburgische Verband Bildender Künstler präsentiert seine Neumitglieder. Darunter ist auch die Potsdamerin Gunhild Kreuzer.

Potsdam - „Nee“, sagt Gunhild Kreuzer, „eine tiefere Bedeutung hat das nicht.“ Im Ausstellungsraum des Brandenburgischen Verbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BVBK) in der Charlottenstraße ist derzeit eines ihrer Werke zu sehen: Kleiderbügel, zu zwei Kreisen gruppiert.

Eigentlich ist Kreuzer Performance-Künstlerin, aber auch Installationen sind ein Teil ihrer Kunst. Mit ihrer Idee, die Bügel neu zu formieren, hat die 51-jährige Künstlerin bereits einen Ausstellungspreis gewonnen. Dass dieses Werk keine tiefere Bedeutung hat, würde man ja gerne glauben – aber die sonderbar bewegt anmutende Skulptur evoziert unweigerlich tiefer gehende Assoziationen. Man denkt an das rotierende Weltengetriebe oder in dunklen Tiefen hausende mythische Vielfüßler. Das Ganze ist zwar aus vorgefertigtem Material gemacht, aber gut gedacht.

Performances eindeutig politisch

Eindeutig politisch war Kreuzers letzte Performance: „Gebietsneurose“. Kreuzer, mit Mann und Tochter aus Berlin in die Nähe von Potsdam gezogen, hatte die Erfahrung gemacht, dass einige Besucher Schwierigkeiten hatten, den neuen Wohnort zu finden. Daraus habe sich bei ihr und den Besuchern regelrecht eine Neurose entwickelt. Daher der Titel.

„Gebietsneurose“ berührte zeitpolitische Themen: Migration, Heimat, Aufnahme von Flüchtlingen. Aufgeführt an verschiedenen Orten Deutschlands, waren die Reaktionen der Besucher recht unterschiedlich. An sich sei es eine recht lustige Performance, erzählt Kreuzer. Nach ungefähr fünf Minuten gipfele sie in der Frage: „Warum kommt ihr erst jetzt?“. Dennoch herrschte an einigen Orten nach der Aufführung betretenes Schweigen. Das sei nicht feindselig gemeint, aber der politischen Grundstimmung im Land geschuldet, erfuhr die Künstlerin.

Kunst statt Bier

Zur Performance kam Kreuzer eher zufällig. Nach einem Studium der Kulturwissenschaften in Hildesheim merkte sie, dass die Leute bei der Vernissage schnell zum Bier griffen und sich nicht mehr um die Kunst scherten. Also begann sie das Publikum mit Aktionen bei der Stange zu halten. Das gelang. Fortan konzentrierte sie sich auf Aktionen, die eine halbe Stunde und länger dauerten. Die Themen waren meist ortsbezogen. Im Kunstwerk Dieselkraftwerk ging es beispielsweise um die Kunst, den künstlerischen Diskurs. „Raus aus der Kunst“, war der Titel.

Letztlich will sich Kreuzer genauso wenig aus der Kunst verabschieden wie die anderen Neumitglieder, die im BVBK ausstellen. Beate Lein-Kunz zeigt gemalte Ölbilder. Wie bei Kreuzer sind diese lediglich ein Teil des Schaffens der 1957 Geborenen. Nach einem Studium der Sozialpädagogik merkte Kunz, dass es sie zur Kunst zog und sie studierte Bildhauerei bei Reimar von Bonin. Ihm wäre sie überall hingefolgt, sagt die Künstlerin, obwohl sie da eigentlich schon mit dem Vater ihrer zwei Töchter zusammen war. Sie baute mit von Bonin und dem Künstlerkreis, der sich um den Lehrer gebildet hatte, mehrere Künstlerhöfe auf und erkannte, dass sie sich weder auf ein Material, noch auf einen Stil festlegen wollte. So entstanden große Lehmskulpturen ebenso wie Gemälde, Zeichnunge, Installationen. Nach einem Exkurs an die renommierte Carnegie Mellon University in den Vereinigten Staaten zeigt sie nun ihre Arbeiten in der Galerie M.

Überblicksausstellung in der Galerie M

„Wir haben uns bemüht, alle neuen Künstler in der Ausstellung zu berücksichtigen", sagt Petra Schmidt Dreyblatt, Geschäftsführerin des BVBK. Es ist eine Überblicksausstellung. Die Potsdamerin Susanne Ramolla zeigt eine Malerei mit Schellack auf Holzplatte, die unweigerlich an Wüstenlandschaften erinnert, aber möglicherweise rein abstrakt gemeint ist. „Die Auflösung“ so der Titel. Die Bilder von Lein-Kunz, unzweideutige Landschaftsgemälde, zeigen wie Tag und Nacht sich begegnen. Wenn auch in der Form ganz anders, erscheinen sie ähnlich poetisch wie die Performances von Gunhild Kreuzer.

Richard Rabensaat

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