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Geheimnisvoll. Joncquils Fabelwelt „When clichés were still originals“.

© Andreas Klaer

Kunst in Potsdam: Neben dem Hell dräut das Dunkel

Gegensatzpaar: Das Kunsthaus zeigt Bilder der Holländer Piet Warffemius und Joncquil.

Er ist nicht nur ein Maler. Nein, auch Filme, Skulpturen und Fotos befänden sich in seinem Oeuvre, sagt Joncquil. Zusammen mit seinem Kollegen Piet Warffemius werden seine Werke gegenwärtig im Kunstverein Kunsthaus Potsdam zeigt. Die beiden Künstler stammen aus Holland. Niederländer in Potsdam: Das hat Tradition. Zwischen Potsdam und Holland existiere seit jeher eine besondere Beziehung, erinnert Hubertus von der Goltz, einer der Gründer des Kunsthauses, in seiner Eröffnungsrede zu der Schau „Aktuelle Positionen aus den Niederlanden: Joncquil und Piet Warffemius“. Das zeige sich nicht nur im Holländischen Viertel, sondern eben auch im Kunsthaus, das eng mit dem aus Holland stammenden und kürzlich verstorbenen Künstler Armando verbunden sei und auch mit einer Galerie in Holland kooperiere. Ein gegenseitiger Austausch habe Warffemius und Joncquil zum Kunsthaus gebracht.

Obwohl Joncquil gegenständlich malt, Piet Warffemius dagegen pflanzlich anmutende abstrakte Werke zeigt, ergänzen sich die beiden Positionen bestens. „Ich reise gern, bin oft in Asien. Ein Teil der Bilder ist von der dortigen Pflanzenwelt inspiriert“, sagt Warffemius. Dabei ergeht er sich nicht in der Abbildung kleinteiliger Blätterdetails, sondern malt mit zum Teil lockerem und weit gefasstem Strich Formen, in denen der Betrachter Blüten, Gräser, Ähren vermuten kann, die dann aber doch zu abstrakt gehalten sind, um einer konkreten Pflanze zugeordnet zu werden. Generell sei die Natur seine Inspirationsquelle, so der Maler. Und er verweist auch auf seine Skulpturen, die wie eine andere Variante der abstrakten Morphologien wirken, die sich schon auf der Leinwand finden. Zwar aus massivem Stahl gefertigt, wirken die Skulpturen dennoch organisch, erinnern an Bäume, Wurzeln, Knollen. Auf den Bildern entfaltet sich, meist vor hellem Untergrund, ein lichtes Pflanzenreich, in dem jeder Organismus ganz individuell für sich steht, aber doch mit den anderen abgebildeten und geformten zu kommunizieren scheint.

Wo Warffemius’ Welt hell und freundlich ist, dräut auf der anderen Seite das Dunkel. Denn bei den Bildern von Joncquil handelt es sich vorwiegend um Nachtszenen, meist auch in der Natur angesiedelt, die aber hier nicht im Mittelpunkt steht. In der Bedeutung, die das Licht für die beiden Künstler habe, würden sie sich begegnen, sagt die Kunstwissenschaftlerin Rosa von der Schulenburg, die die Eröffnungsrede hält. Bei Warffemius rücke alles ins Helle, Freie, bei Jancquil schälten sich die Details aus dem Dunkel und verbänden sich dann zu einer größeren Erzählung, die jedoch nicht konkret werde. Denn auch Joncquil illustriert nicht, sondern regt die Fantasie des Betrachters an und gibt ihm mit den Details seiner Bilder Rätsel auf.

Wie der mit einem rosa Hemdchen bekleidete Hund, der mit weit ausgebreiteten Armen im dunklen Wald steht oder die Eule, die auf einem Baumstamm hockt und beteuert: „Ich wurde nicht aus einer Eiche geboren.“ Auch in kleinen Formaten finden sich hübsche Details, in „Der Schlüssel“ etwa, wo das titelgebende Objekt in der Nähe zweier Pilze liegt, zwischen denen sonderbares kleines Wesen wohl dabei ist, gerade einen Wurm aus der Erde zu ziehen. Das alles erinnere sie an die Geschichte von Alice im Wunderland, sagt von der Schulenburg.

Und es stimmt: Was Alice hinter dem Spiegel, nach ihrem Sturz durch den Schacht, widerfährt – eine verkehrte Welt, in der Tiere sprechen und Naturgesetze außer Kraft gesetzt sind – findet sich auf den Bildern von Jancquil wieder. Dabei herrscht ein dunkelbrauner Grundton vor, aus dem die einzelnen Protagonisten gerade weit genug hervortreten, um den Betrachter zu verlocken, näher zu treten, aber trotzdem ihr Geheimnis nicht enthüllen. Auch Joncquil ergänzt seine Bilder um Skulpturen: eine Kette aus Straußeneiern, eine Installation aus Baumstumpf, falscher Perlenkette, Lack und Keramik. Die Dinge muten surreal an und fügen sich damit bestens in das verwunschen wirkende Gesamtensemble.

Zu sehen bis 12. August im Ulanenweg 9. Zur Finissage gibt es um 16 Uhr eine Lesung ausgewählter Texte von Armando, der am 1. Juli verstarb. Am Samstag, den 28. Juli, um 15 Uhr führt Kunsthistorikerin Johanna Staats durch die Ausstellung

Richard Rabensaat

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