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Kultur in Potsdam: Restaurierte Gefährten

Heinrich Basedows Gemälde leuchten wieder. Acht Bilder für die „Umkämpften Wege der Moderne“.

Das Porträt des kleinen Mädchens ist von der bräunlichen Nikotinschicht befreit worden. Die Farben leuchten wieder. Auch andere Schmutzschichten und Übermalungen hat Oliver Max Wenske akribisch entfernt. In der Werkstatt des Museumskonservators stehen acht Gemälde fertig in Positur, um ab 29. September im Potsdam Museum die Ausstellung „Umkämpfte Wege der Moderne. Wilhelm Schmid und die Novembergruppe“ zu bereichern. Es sind indes keine Werke des Schweizer Malers und Architekten Schmid, die der Restaurator wieder in ihrer ursprünglichen Brillanz atmen lässt. Die am gestrigen Donnerstag präsentierten Bilder sind von Potsdamer Künstlern, mit denen Schmid 1927 im Marstall gemeinsam ausstellte. 250 Werke wurden damals unter dem Titel „Potsdamer Künstler“ in einer Schau des Kunstvereins präsentiert. Die Ausstellung im Potsdam Museum möchte nun rückblickend Bezug darauf nehmen: mit einer kleinen Auswahl.

Drei der restaurierten Gemälde stammen von Heinrich Basedow d. J. (1896-1994), der als Vertreter der Neuen Sachlichkeit eine stilistische Nähe zu Schmid aufweist. Von ihm stammen das Selbstbildnis als Halbakt von 1927, das „Stillleben mit Lilie“ von 1925 und das nikotinbefreite „Porträt von Christa Heidkamp“ (1923), Tochter des bekannten Potsdamer Buchhändlers. War er der Raucher?

Basedow, der als Siebenjähriger mit seiner Familie von Kiel nach Potsdam zog und nach einer freiwilligen Marine-Ausbildung und seinem Bauhausstudium in Weimar 1921 hierher zurückkehrte, setzte sich intensiv mit alten Maltechniken auseinander. Er wandte sich vom impulsiven Farbauftrag, der spontanen Nass- in-Nass-Malerei der Impressionisten und Expressionisten ab. „Ihm ging es um schärfere, korrekte Konturen, klarere, leuchtende Farben, um das harmonische Zusammenspiel einzelner abgegrenzter Flächen. So wie bei der florentinischen Kunst aus dem 14. Jahrhundert“, sagt Wenske. Er zeigt auch auf die Rückseite des Selbstbildnisses: auf eine wertvolle Eichenholztafel, so wie vor 500 Jahren. Trotz der historisierenden Technik habe Basedow aber auch Neues geschaffen. So experimentierte er mit dem Thema Porträt. Bei dem Kinderporträt wählte er einen gekachelten Hintergrund, der Kopf des Mädchens scheint zu schweben. Basedow gibt der Wirklichkeit eine neue Ebene. Auch in seinem ikonografisch verschlüsselten Selbstbildnis entfernt er sich trotz malerischer Akribie von der Realität. Hier floss offensichtlich sein Theologiestudium ein, das auf sein Kunststudium folgte. Angedeutet sind der Ölberg, die Osterfahne, er selbst zeigt sich mit den Handflächen nach oben, was an die Auferstehungspose denken lässt. Auch seine perfekt in Szene gesetzte „Lilie“ sei Anklang an das Mariensymbol, so Wenske.

Aus den Bildern Basedows spreche eine gewisse Distanz. „Die Künstler suchten nach dem Ersten Weltkrieg nach ganz anderen Formen, nach einer neuen Sprache, so wie ab 1925 in der Neuen Sachlichkeit. Es waren ,Umkämpfte Wege der Moderne’, so wie es unser Ausstellungstitel sagt“, betont Museumsdirektorin Jutta Götzmann. Weitere Werke, die für diese Ausstellung restauriert worden sind, stammen von Konrad Schwormstädt, der eine ähnliche Handschrift wie Basedow d. J. aufweist, von Otto Heinrich, Alfred Liedtke und Walter Bullert. „Uns lag vor allem die aufwändige Restaurierung des Selbstporträts von Basedow am Herzen, da wir erst jüngst das digitale Werkverzeichnis des Künstlers veröffentlichen konnten“, sagt Markus Wicke, Vorsitzender des Fördervereins des Potsdam Museums. Sein Verein brachte die Hälfte der Summe zusammen, die für die Restaurierung der acht Werke und die Rahmung benötigt wurde. Zu den Sponsoren gehörten unter anderem Günther Jauch und Kai Diekmann. Die andere Hälfte des Geldes steuerte der Freundeskreis der Kulturstiftung der Länder bei. Eine genaue Summe wollte Jutta Götzmann nicht nennen, er befände sich im unteren fünfstelligen Bereich. Eine weitaus größere Summe, die ebenfalls ungenannt blieb, komme vom Hauptsponsor der Ausstellung, der Kulturstiftung der Länder. „Sie unterstützt erstmals ein Projekt des Potsdam Museums, was von der Überregionalität der Sonderausstellung zeugt“, so Götzmann.

Im Mittelpunkt der Schau steht also Wilhelm Schmid, der Potsdam 1923 zu seiner Wahlheimat erklärte. Erstmals zeigt ein Museum in Deutschland sein umfangreiches Frühwerk mit zahlreichen in Potsdam entstandenen Motiven, darunter ein Bildnis seiner in Pelz gehüllten Frau, der Sängerin Maria Schmid-Metz. Schmid gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Berliner Novembergruppe und war Mitglied des Potsdamer Kunstvereins. Über den traf er dann ganz direkt auf die Potsdamer Malergilde: im Marstall anno 1927.

Zu sehen ab 29. September in der Ausstellung „Umkämpfte Wege der Moderne. Wilhelm Schmid und die Novembergruppe“ im Potsdam Museum

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