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Kultur: Künstlerische Früchte bei Pomona

Malerische und grafische Arbeiten von Sybille Junge im Pomonatempel auf dem Pfingstberg

Malerische und grafische Arbeiten von Sybille Junge im Pomonatempel auf dem Pfingstberg Von Götz J. Pfeiffer Pomona würden sie gefallen. Diese kräftigen Farben, dieses pulsierende Leben, diese kraftvollen Linien. Pomona ist die römische Göttin der Gärten. Ihre Lieblinge sind die Blumen und die Früchte. So kann die aktuelle Ausstellung von Sybille Junge im Pomonatempel auf dem Pfingstberg auch als Weihegabe an die antike Personifikation von Fruchtbarkeit und Leben verstanden werden. Für die Potsdamerin, die malt, zeichnet und inzwischen auch radiert, ist es eines der seltenen Heimspiele zwischen internationalen Stipendien und bundesweiten Ausstellungen. „Komm in meine Arme“ lockt der Ausstellungstitel zu den gut 20 auf knappem Raum gehängten Bildern, Zeichnungen und ausgelegten Druckgrafiken. Gegenüber dem Eingang begrüßt die Malerin den Besucher zunächst mit einer ihrer starkfarbigen Leinwände in scheinbar programmatischer Absicht. „Auge in Auge“, so der Titel der Arbeit aus diesem Jahr, sehen sich ein Mensch und ein Fisch an. Wie in einer Traumsequenz schwebt das Flossentier auf die Menschenbüste zu. Der eben noch eine Unterwasser-Welt angebende blaue Hintergrund wird zum Sternenhimmel, darauf blinken apokryphe Zeichen und rätselhafte Chiffren. Und ist es nicht die Malerin selbst, die auf ihren häufig autobiographisch durchsetzten Bildern als Hauptperson die Hand am langen Arm in einer Schwurgeste nach oben reckt? Es scheint, als wolle sie die Wahrheit des Gesehenen verbürgen und die Betrachter von der Wirklichkeit ihrer Imagination überzeugen. In die heiter-naive, psychedelische Gestalt der Arbeiten, die wie frühere an Art Brut erinnern, ist aber stets genug Reales aufgenommen, um einen Einstieg zu gewähren. Ein übriges leisten die erzählerischen Titel. Dann ist es am Betrachter, zu enträtseln, warum „Mein Balkonkasten“ wie ein Hut auf dem Kopf getragen wird – oder ein eigenes Geheimnis auch in dieses Bild hinein zu sehen. Denn die in letzter Konsequenz allein der Malerin vorbehaltene Entschlüsselung ihrer Kunstwelten bietet dem Besucher eine im Formalen wie Inhaltlichen liegende Offenheit. Da ist die in Mischtechnik auf Papier gebannte „Begegnung am Zebrastreifen“ erstens ein Notat aus Junges eigenem Erleben, zum zweiten eine Allegorie auf den huschenden Augenblick. Und drittens erinnert die Malerin den Betrachter an von ihm Erlebtes, das sie gar nicht wissen kann. Bemerkenswert – und eigentlich eine logische Entwicklung – ist, dass Junge sich neben den malerischen Bildern und den aus Linien gebauten und mit Farbe übergangenen Mischtechnik-Blätter seit letztem Jahr auch mit Druckgrafik beschäftigt. Während eines Stipendiums in der Schweiz hat sie das Radieren begonnen. Die jetzt gezeigten, so beachtenswerten wie bezahlbaren Drucke lassen einiges in der Zukunft erhoffen. In Junges Tradition der lyrischen Bildtitel steht das kleine Hochformat „Es falten die Rehlein die Zehlein“. Oder sollte man kritteln, das Tier sei ein Böckchen und habe doch nur Hufe? Der „Träumer“ ist wie die „Berührung“, beides radierte Kleinblätter, leider etwas zu sehr in Sentimentalität und Aquatinta abgesoffen. Um so stärker das minimalistische Blatt „Komm in meine Arme“. Die Umrisslinien eines Kopfes streben armgleich zu den Seiten und darauf ist in Stift der Titel aufgeschrieben. Für den Förderverein Pfingstberg e.V., der den Pomonatempel betreut, ist Sybille Junges Ausstellung eine von fünf bis sechs Schauen im Jahr. Seit 2002 betreuen Ehrenamtliche, die sich „Tempeldiener“ nennen, in den Monaten Mai bis September an Wochenenden den kleinen, ersten Bau von Karl Friedrich Schinkel und die Ausstellungen. Die Malerin, die seit 1979 in Potsdam lebt,wollte in dem Tempel am Hang unbedingt ihre Arbeiten zeigen. „Es ist der schönste Ort der Stadt“, schwärmt Junge und fügt ein persönliches Erlebnis an: „Hier habe ich vor vielleicht 25 Jahren meine einzige Freiluft-Zeichnung gemacht. Die Ruine des Belvedere. Hinter mir tauchte plötzlich ein russischer Soldat auf, und ich habe es vorgezogen mich mit einer unfertigen Zeichnung davon zu machen.“ Es bleibt zu resümieren, dass neben dem Blick vom Pomonatempel auch einer hinein den Besuch am Pfingstberg derzeit belohnt. Bis 21. August im Pomonatempel auf dem Pfingstberg, Sa und So 15-18 Uhr. www.pfingstberg.de.

Götz J. Pfeiffer

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