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Konzertreihe „Potsdam Noise Geballer“: Krach statt Bach im Kuze

Eine neue Konzertreihe im Kulturzentrum Potsdam will alte Pfade verlassen: Heute findet "Potsdam Noise Geballer“ statt.

Potsdam - Es zischt, es wabert, es dröhnt, es quietscht – Noise und Ambient sind musikalische Spielarten, die sich nahe an der Grenze zum Geräusch, beziehungsweise zum Lärm befinden. Doch ist das noch Musik, wenn endlose Klangflächen mit Field Recordings von Vogelgezwitscher kombiniert werden und dazu ein Syntheziser blubbert? Für Ole Hadenfeldt auf jeden Fall: „Musik kann nicht nur vom Notenblatt kommen, sondern auch von Bohrmaschinen oder Straßenlärm“, sagt der 37-jährige Jurastudent aus Potsdam. „Sobald die Fantasie oder das Gemüt dadurch beeinflusst wird, ist es für mich schon Musik.“

Dieser Philosophie folgt auch die neue Konzertreihe „Potsdam Noise Geballer“ (PNG), die Hadenfeldt und sein Mitstreiter Stefan Schubert im März ins Leben gerufen haben: Alle zwei Monate treten im studentischen Kulturzentrum (Kuze) verschiedene Künstler aus dem Spektrum Noise, Drone, Ambient und experimentelle Musik auf, kombiniert mit Visualisierungen und Projektionen. Die zweite Auflage von PNG ist am heutigen Freitag, der Eintritt ist frei. Mit dabei sind etwa Wormhead aus Saarbrücken, das harsche, Feedback-getriebene Klangexkursionen unternimmt, Lakeview Cemetery aus Potsdam, das flächige, an Filmmusik erinnernde Soundscapes entwirft, und Oh Boi No Boi aus Berlin, ein Duo, das mit Gummitieren auf Keyboards spielt und dies mit Saxophon kombiniert.

„Verstören kann man auch mit Volksmusik"

Das klingt sperrig und nicht leicht zugänglich, doch es geht bei PNG keinesfalls darum, das Publikum zu verstören: „Verstören kann man auch mit Volksmusik“, sagt Hadenfeldt. „Es geht uns eher darum, neue Horizonte zu zeigen und für jeden etwas zu bieten, der auf experimentelle Musik steht.“ Eigentlich kommt Hadenfeldt aus einer ganz anderen Richtung: Zehn Jahre lang hatte er in einer Ska-Band gespielt, wollte jedoch irgendwann ausbrechen. „Wir haben uns überlegt, etwas ganz anderes zu machen und es gibt kaum etwas Gegensätzlicheres zu Ska als Noise-Musik.“ Zusammen mit Schubert gründete er vor zwei Jahren die Projekte WackaWacka und Passeriformes, wo die beiden mit elektrischem Bass, elektrischem Schlagzeug und Synthesizern experimentieren. „Es ist manchmal schön, ausgetretene Pfade des Hörverhaltens zu verlassen. Irgendwann hat man sich am Popschema überhört“, sagt Hadenfeldt.

Da es in Berlin ein größeres Publikum und mehr Auftrittsmöglichkeiten für diese Art von Musik gibt, waren die beiden viel in der Hauptstadt unterwegs, lernten andere Musiker kennen und vernetzten sich. In Potsdam gibt es hingegen nur selten Konzerte in dieser Richtung, weshalb Hadenfeldt und Schubert beschlossen, PNG ins Leben zu rufen, um lokalen und überregionalen Künstlern eine Bühne zu bieten und die Potsdamer Musikszene mit neuen Klängen zu bereichern.

Sonderlinge und Paradisvögel?

Die Reaktionen auf die erste Ausgabe von PNG seien positiv gewesen, sagt Hadenfeldt: Rund 30 Gäste lauschten unter anderem den Klängen von Eric Bauer, der auf einem Modular-Synthesizer improvisierte, oder dem Noise-Metal-Musiker und Verstärker-Sammler Christopher Colossus, der das Kuze mit zehn Gitarrenverstärkern zum Wackeln brachte. „Ganz so laut wird es diesmal aber nicht“, verspricht Hadenfeldt.

Auch wenn die Künstler, die bei PNG auftreten, auf den ersten Blick wie musikalische Sonderlinge und Paradiesvögel wirken, täuscht dieser Eindruck: „Die meisten davon haben tatsächlich Musik studiert und sind professionelle Musiker, die einfach etwas zum Ausgleich brauchen“, sagt Hadenfeldt. „Du kannst halt nicht immer nur Bach spielen, sonst wirst du verrückt.“ 

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