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Konzert in Babelsberg: Zehn Jahre und ein extra Orchester

Mit irrwitzigem Horn und ganz viel Filmmusik: Klassik am Weberplatz feiert am Wochenende sein zehnjähriges Jubiläum in Babelsberg.

Potsdam - An der „Unendlichen Geschichte“ knabbert das Orchester noch. Klaus Doldinger hat seinerzeit passgenau phantastisch komponiert, großes akustisches Kino mit rhythmisch höchst kniffeligen Passagen und manch schräger Intonation, eine vorwärtsdrängende, schwindelige Angelegenheit mit vielen Überraschungen.

„Das Horn kommt hier vollkommen irrwitzig“, sagt Knut Andreas plötzlich. „Für diesen Effekt darf es nicht ängstlich einsetzen.“ Es ist eine der letzten Proben des Collegium Musicum vor Samstag, vor „Babelsberger Filmorchester gespielt, doppelte Besetzung für extra Saft, Kraft und Spaß. Orchesterleiter Andreas ist durchaus nervös – aber nicht wegen der Musiker. Er beobachtet seit Tagen den Wetterbericht – wieder einmal.

Das Wetter als letzte große Unbekannte

Das Wetter ist die letzte große Unbekannte dieses Open-Air-Events, nachdem sich die Kinderkrankheiten der Konzertreihe gegeben hatten. Auf die wichtigen Helfer und Sponsoren kann sich Andreas seit Jahren verlassen, auch auf die Besucher. Immer war es voll, ob auf dem Weberplatz, oder, bei schlechtem Wetter, in der Friedrichskirche. Die Potsdamer hatten von Anfang an große Lust auf dieses Sommerkonzert, das bis heute ohne Eintritt blieb und zu einem geselligen Event wurde. Jedes Jahr gab es ein Motto. Entweder stand ein Soloinstrument im Mittelpunkt, es gab eine Gitarren- und eine Klaviernacht und zu „Trompetissimo“ mit gleich zwei Solotrompetern kamen im vergangenen Jahr 1800 Besucher. Andere Konzerte waren nach Themen benannt, Swing, Brasilien oder Science Fiction. Allen Sommern gemein war, dass man bis zuletzt vor dem Wetterbericht zitterte.

Dieses Mal ist die Sorge um das Wetter durchaus berechtigt, denn 110 Musiker passen nicht in die Kirche und ein großer Saal war nicht mehr zu bekommen. Aber ein Orchestermitglied arbeitet für den Wetterdienst, sagt Knut Andreas. „Wir bekommen minutengenaue Vorhersagen, und wenn es einen Schauer gibt, dann wird eben kurz unterbrochen.“

Die ungewollte Dramatik passt zum Thema des Abends: „Babelsberg in Concert“ umfasst Filmmusik aus allen Epochen Babelsberger Filmproduktion. Dazu gehören die Jahrzehnte der Ufa, der Defa und die heutige Zeit seit der Wende. Durch die Filmgeschichte moderiert der Journalist und Kino-Experte Knut Elstermann.

„Filmmusik kann das.“ 

Das Programm beginnt mit den Hits der 1930er, „Ein Freund, ein guter Freund“, von Werner Richard Heymann für „Die Drei von der Tankstelle“ geschrieben, und Friedrich Hollaenders Liedern aus dem „Blauen Engel“ mit Marlene Dietrich. Kultig wird es bei den Defa-Knallern. „Die Legende von Paul und Paula“ mit Musik von den Puhdys musste unbedingt ins Programm: Gespielt werden „Geh zu ihr“ und „Wenn ein Mensch lebt“. Ebenso „Solo-Sunny“ von Günther Fischer. Schöner Kontrast dürfte dazu die Musik des DDR-Western „Spur des Falken“ sein. Aus der Liste der aktuelleren Produktionen werden unter anderem „Enemy at the Gates“ und „Operation Walküre“ angespielt, der Historien-Thriller „Anonymus“ und die Heldenklamotte „Monuments Men“.

Die Auswahl sei ihm schwergefallen, sagt Andreas. Es sollten nicht nur die großen Hits darunter sein, sondern auch weniger bekannte Titel. Eine Neuentdeckung, für ihn persönlich, aber auch einige Orchestermitglieder, seien manche Defa-Filme gewesen. Jetzt bekommen auch in Vergessenheit geratene Filme einen großen Auftritt: Das doppelte Orchester, so Andreas, „das ist schon ein Traum“.

Auch das Filmorchester feiert in diesem Jahr: 100 Jahre Geschichte und Neugründung vor 25 Jahren. Das Konzert wird somit auch zur Würdigung dieses Genres und eines Orchesters, das eigentlich nie zu sehen ist, aber viel zum Sehen beiträgt. „Beim Hören entstehen natürlich Bilder im Kopf, ob man den Film nun gesehen hat oder nicht“, sagt Andreas. „Filmmusik kann das.“ 

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Am Samstag, 2.6., um 20.30 Uhr. Am Sonntag, 3.6., um 15 Uhr Familienkonzert „Peter und der Wolf“. Der Eintritt ist frei

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