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Konzert im Waschhaus Potsdam: Weltmusik aus Potsdam

Zwischen indischer Klassik und westlichem Jazz: Das Pulsar Trio stellt sein neues Album vor.

Das kann doch nicht funktionieren. Das mag der erste Gedanke sein, wenn man Pulsar Trio zum ersten Mal begegnet. Klavier, Schlagzeug und Sitar – unterschiedlicher geht es kaum. Und doch ist das Potsdamer Weltmusik-Projekt seit über zehn Jahren erfolgreich auf deutschen und internationalen Bühnen unterwegs, wo der Mix aus indischer Klassik und westlichem Jazz von einem großen Publikum wegen seiner Einzigartigkeit gefeiert wird.

„Wir waren gerade auf dem europäischen Jazzfestival in Izmir in der Türkei, da gab es Standing Ovations“, sagt Schlagzeuger Aaron Christ. „Wir kamen da sehr gut an, unsere Musik passt topografisch auch super dorthin – genau zwischen Orient und Okzident.“ Einige der Stücke, von denen das türkische Publikum so angetan war, stammen vom neuen Album „Zoo of Songs“: Es ist der mittlerweile vierte Longplayer, den die Band heute zum offiziellen Record-Release in der Waschhaus Arena präsentieren wird.

Rein instrumentale Musik

Wie die vorherigen Alben ist auch das neue Werk rein instrumental, diesmal aber mit dezenten elektronischen Einflüssen. Entstanden ist es in Zusammenarbeit mit der Tänzerin Laura Heinecke & Company, für deren Stück „Flugmodus“ das Pulsar Trio die Musik entwickelte und es zusammen mit den Tänzern in der fabrik aufführte. Für die Musiker eine ganz neue Erfahrung: „Tänzer haben eine ganz andere Arbeitsweise, deshalb hatten wir diesmal einen anderen Fokus als nur die Musik“, sagt Sitar-Spieler Matyas Wolter. „Es gibt ein Stück, wo Aaron unter dem Flügel liegt und die Unterseite mit Schlagzeug-Klöppeln bearbeitet, während unsere Pianistin Beate Wein darauf spielt. Da kamen Klangwelten zustande, die ohne das Theaterstück nicht so fokussiert gewesen wären.“

Wer den Kompositionen des Pulsar Trios lauscht, bei denen die Instrumente leichtfüßig umeinander tänzeln und transparente Soundlandschaften entstehen lassen, der kann sich kaum vorstellen, dass zwei ihrer Mitglieder früher Punk-Musiker waren: „Mitte der 1990er Jahre kamen Jungs aus Westdeutschland in unsere Klasse und haben Gitarren mitgebracht“, erinnert sich Wolter. Zunächst wurden auf den Gitarren vor allem Pfadfinderlieder gespielt, aber nicht lange: „Schon bald wurde aus diesem Pfadfinder-Haufen ein Punker-Haufen.“

Mehrere Jahre Schüler beim Sitar-Meister

Ähnlich sah es bei Christ aus, der aus einer sehr musikalischen Familie stammt: „Mein Opa war Konzertmeister, mein Vater Blues-Pianist, und alle haben Geige gespielt – überall im Haus standen Instrumente herum.“ Aufgewachsen in Rudolstadt, sog er schon früh andere Einflüsse auf: Alljährlich findet hier das Rudolstadt-Festival statt, das größte Weltmusik-Festival Europas. „Das hat mich total inspiriert“, sagt er. „Ich hatte schon immer ein Interesse, Sachen zu kombinieren, die eigentlich nicht zusammengehören.“

Wolter kam irgendwann vom Punk zum Jazz und durch sein Musikwissenschaftsstudium an der TU Berlin zur indischen Raga-Musik: In Indien wurde er für mehrere Jahre Schüler des Sitar-Meisters Pandit Subroto Roy Chowdhury, in dessen Haus in Kolkata er von nun an die Winter verbrachte. Zwischenzeitlich lernte er 2007 Beate Wein in einem Potsdamer Café kennen: Die klassisch ausgebildete Pianistin war seit 1994 in verschiedensten Bandprojekten zwischen Metal, Rock, Hip Hop und Pop aktiv, unter anderem in dem 2003 gegründeten Singer-Songwriter-Duo Handinhand, mit dem sie regelmäßig in Deutschland auf Tour ist.

Wein war fasziniert von Wolters Musik, besuchte ihn in Indien und gründete kurz darauf zusammen mit Christ, der zuvor als Straßenmusiker in Potsdam unterwegs war, das Pulsar Trio. Schnell war klar – hier treffen Welten aufeinander: europäische Klassik, amerikanisch geprägter Jazz, indische Raga-Musik. Allein die Harmonik und die Tonskalen von Piano und Sitar sind schwer vereinbar: „Es sind so unterschiedliche Instrumente: Vieles, was man auf dem einen spielen kann, geht auf dem anderen nicht, und das Schlagzeug macht eigentlich alles kaputt“, sagt Christ. „Diese Besetzung führt uns immer wieder an Grenzen“, sagt Wolter. „Oder zu neuen Wegen“, ergänzt Christ.

Mit dem Album auf Welttournee

Ein begründeter Optimismus, immerhin erhielt das Trio 2014 den renommierten Creole Global Music Award. „Das war ein Schlüsselmoment, wo wir gemerkt haben, dass unsere Musik wirklich etwas Eigenes und Besonderes ist“, sagt Christ. „Das hat uns viel Aufwind gegeben und seitdem arbeiten wir auch professioneller.“ Das erste Album „Erpelparka Suite“ wurde noch im Elternhaus von Beate Wein aufgenommen, „Zoo of Songs“ hingegen im sächsischen Schloss Röhrsdorf. Ein Paradies für Musiker: „Es gibt da ein fantastisches, analog eingerichtetes Studio mit allen möglichen Instrumenten und wir konnten direkt im Schloss übernachten“, schwärmt Wolter.

Nach dem Record Release in Potsdam geht es mit „Zoo of Songs“ auf Welttournee: Frankreich, Indien, Zypern. Rund 60 Auftritte absolviert das Pulsar Trio mittlerweile jährlich, regelmäßig sind sie Gäste auf Jazz- und Weltmusik-Festivals, aber auch auf Veranstaltungen wie dem Elektro-Festival Fusion oder dem Beethovenfest Bonn. „Unser Projekt hat etwas sehr Offenes, was einerseits gut ist, weil wir zu den verschiedensten Veranstaltungen eingeladen werden“, sagt Wolter. „Andererseits führt es auch zu Schwierigkeiten, weil man uns nicht richtig in eine Schublade einordnen kann.“

Tatsächlich haben Besucher ihrer Konzerte oft erstaunlich unterschiedliche Vergleiche für die Musik des Trios: „Manche sagen, wir klingen nach Filmmusik, andere sagen, wir klingen nach alten Fusion-Bands der Siebziger Jahre, nach Psychedelic-Bands wie Grateful Dead, nach deutschen Bands wie Kraftwerk und Can oder nach Progressive Rock“, sagt Christ. Jeder habe eine ganz eigene Assoziation zu der Band. Das freut ihn. Erik Wenk

„Zoo of Songs“, Record-Release-Show heute um 20 Uhr in der Waschhaus Arena, Schiffbauergasse 6. Karten kosten an der Abendkasse 14 Euro

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