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East Blues Experience.

© Robert Schultze

Konzert im Potsdamer Lindenpark: East Blues Experience stellen ihre neue Platte vor

Unverbogen geben sich die Urgesteine der Potsdamer Band. „Make it better“ lautet dennoch der Name zu ihrem neuen Album.

Potsdam - Die Albentitel lesen sich wie die Bandgeschichte: „Thirty Something“ ist und bleibt für einige Jahre das Alter der Band, „Always on the run“ war lange Zeit, bevor sie sich zumindest als Band hin und wieder zurückzogen, ihr Motto. „Make it better“ klingt wie ein Aufruf an die Fans, die vielleicht was zu meckern haben. Und trotz allem: „Keep on Rolling“. Damit wäre über East Blues Experience (EBE) im Grunde alles gesagt.

Ein bewährtes Orchester

Am heutigen Samstagabend spielt die Rock- und Bluesband aus dem Osten der Republik im Potsdamer Lindenpark. Es ist das zweite Konzert der Tour, auf der EBE ihre neue Platte vorstellt. Denn Potsdam ist zumindest für den Bandgründer heimatliches Terrain. Peter Schmidt, dem unbedingt ein vorderer Platz im Ranking der aus der DDR stammenden Gitarristen gehört, spielte bis 1989 in der Potsdamer Blues-Gruppe „Handarbeit“. Danach kam für ihn East Blues Experience. Anfangs saß der Potsdamer Jürgen Schötz am Schlagzeug, aber schon nach wenigen Jahren hatte sich die heutige Besetzung zusammengerüttelt: Ronny Dehn am Schlagzeug und Jäcki Reznicek am Bass – beide exzellente Musiker, die auch bei Silly spielen.

Das bewährte Orchester, wie Peter Schmidt seine Truppe gerne nennt, erfuhr schließlich noch eine überraschende Erweiterung: Seit 2015 zählt Adrian Dehn, Gitarrist, Sohn vom Trommler und mit 23 Jahren genau 40 Jahre jünger als der Bandgründer, zur ständigen Besetzung. Der Altersunterschied spielt für die Männer keine Rolle. „Wir sind beide Gitarrenfreaks und haben einen ähnlichen Musikgeschmack“, sagt Adrian. Und Peter: „Er erinnert mich total daran, wie ich früher war. Auch ich habe mich nicht verbogen.“ Er lächelt. „Adrian ist das einzige Bandmitglied, das ich praktisch seit dem Babyalter kenne. Später hatten wir dann die gleichen Jimi-Hendrix-Poster an den Wänden.“

Der Musikgeschmack des Vaters inspirierte

Während andere Söhne gegen das Tun der Eltern rebellieren, sog Adrian die Rockmusik auf. „Ich fand es immer total cool, was mein Vater hörte.“ Als Teenager gründete er seine erste eigene Band, „The White Dukes“, die jetzt Circus Electric heißt, und stand ziemlich bald als Gast-Gitarrist bei EBE auf der Bühne. Heute arbeitet er als Gitarrenlehrer und freier Musiker. „Ich wollte nie was anderes machen“, sagt er. Und was den Blues betrifft: „Mein Musikgeschmack ist zwar breit gefächert. Aber am Ende lande ich immer bei der Bluesgitarre“.

Das sieht dann so aus, dass er auf der Bühne selbstverloren mit der Gitarre in die Knie geht und sich mit Peter Schmidt die Bälle zuwirft. Was auch mit geschlossenen Augen funktioniert. „Wenn wir zusammen spielen, ist das eine Seele, die gleichen Schwingungen“, sagt der Ältere. Nein, der Blues ist nicht tot. „Das war und ist gute Musik und es gibt selbstverständlich junge Nachwuchs-Rockmusiker – und zumindest in Berlin auch Klubs, wo man sie live erleben kann.“

Auch ältere Songs stehen im Programm

Jetzt also in Potsdam. Was gibt’s zu hören? Anlässlich des Bühnenjubiläums sind es neben den neuen auch gut abgehangene Songs, die sie schon vor 30 Jahren spielten. Zum Beispiel „Won’t get fooled again“ von The Who, auf deutsch etwa: „Wir lassen uns nichts mehr für blöd verkaufen“. „Der Text passt total in die heutige Zeit, das ist so politisch, der absolute Hammer“, sagt Peter Schmidt. Auf dem Album finden sich ebenfalls einige Coversongs, wobei er den Begriff irreführend findet. „Wenn ich ein Stück von jemand anders spiele, stecke ich mein Herz und meine Seele rein, und dann ist das am Ende East Blues Experience.“ Theaterstücke kann man schließlich auch immer wieder anders großartig spielen. Neil Youngs „For the Turnstiles“ spielen und singen Adrian und Peter gemeinsam. „Ich bin ziemlich stolz auf unsere eigene Version“, sagt Adrian. 

Die ganze Platte heißt „Make it better“ und klingt nach ihrem eigenen Anspruch. Etwas philosophischer sagt es Peter Schmidt: „Die Platte ist eine Momentaufnahme von dem, was wir nach 30 Jahren Band empfinden.“ Manche Songs erinnern an große Momente der Bandgeschichte, andere wirken wie ein vertrauter Soundtrack. Ihre Musik transportiert dabei mit unaufgeregtem Tiefgang die Themen des Genre. Ein bisschen Kummer, ein bisschen Krise, aber dann diese Hoffnung. Das weitermachen. Der schwermütige Blues vom Morgen verfliegt und wird zum großen Traum vom besseren Leben. „Keep on Rolling“, Make it better“.

Auch zwei deutsche Songs sind auf der Platte gelandet

Dann wieder das Treibende, oder das Wiegende, baden in Dur wie in „I will get along“ von Namoli Brennet. Zum Dahinschmelzen. Mittendrin finden sich zwei deutsche Stücke. Das hatten EBE bereits 2014 mit dem Album „Der Tag“ probiert. Jetzt also „Blues“ von Ullrich Swillms und Jens Gerlach. „Das war die erste Bluesnummer, die ich 1970 gespielt habe“, sagt Peter. „Himmelblau“ von der DDR-Gruppe Kreis ist eine Hommage an die 2010 verstorbene Sängerin Ines Paulke, die den Titel gesungen hatte. Kein EBE Album ohne ein Solo-A-Capella: „Oh Death“ ist ein fiebriges Traditional, eine Art Totentanz, Warnung oder Flehen, ein Betteln um Gnade – und Peter Schmidt singt, als wäre er in irgendeiner Südstaatenhütte geboren. 

Der wilde Mix, alt und neu, alt und jung, lässt den Eindruck entstehen, dass die Band die Platte vor allem für sich selbst gemacht hat. Es funktioniert, weil sich Peter Schmidt noch immer nicht für irgendeinen Geschmack verbiegt und weil sie mit einem genialen Produzenten zusammen arbeiteten. Mit Rainer Oleak konnte nichts schief gehen und er durfte sogar mitspielen. „An der einen oder anderen Stelle habe ich frech ein paar Töne von der Wurlitzer oder Hammondorgel reingedrückt“. Das findet auch Peter Schmidt gut. Hammond ist ok, wohingegen „Keyboardkacke“ in seiner Gitarrenband nichts verloren hat.

Der Abgesang auf dem Album ist dann ziemlich schräg, und vielleicht liegt es an dem guten Kuchen, den Oleaks Frau immer ins Studio brachte, jedenfalls scheinen die Männer auf irgendeiner Wolke ganz weit weg zu sitzen und mit den Beinen zu baumeln. „Ry the Greek“ klingt nach „Griechischer Wein“ und Hawaii und mindestens eine Harmonie erinnert diffus an „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Es klingt nach viel Spaß im Studio.
>>Am Samstag, dem 18. Januar, im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76/78, Karten kosten 24 Euro

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