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Konzert im Nikolaisaal Potsdam: Markant und klanglich sensibel

Rafal Blechacz präsentierte im Nikolaisaal einen Klavierabend, der zu Herzen ging.

Potsdam - Beim alle fünf Jahre ausgetragenen Warschauer Chopin-Wettbewerb 2005 hatte der 33-jährige polnische Pianist Rafal Blechacz sämtliche Preise abgeräumt. Doch er ließ sich anschließend nicht von der Musikindustrie verheizen. Hin und wieder gönnt er sich sogar eine Auszeit von den Bühnen, um anschließend wieder mit voller Kraft Konzertprogramme zu absolvieren – nicht um sie abzuarbeiten, sondern klarsichtig und erfrischend belebend zu musizieren. Rafal Blechacz gehört zu den Klaviervirtuosen seiner Generation, die es in Europa zu Ruhm gebracht haben. Am Samstag stellte er im Nikolaisaal seine pianistische Kunst vor.

Als sei das Programm mit Werken von Mozart, Beethoven, Schumann und Chopin keine Schwerstarbeit, eilte Rafal Blechacz hurtigen und leichten Schrittes über die Bühne zum Steinway-Flügel, verbeugte sich freundlich und kurz und fing freudig, markant und mit klanglicher Sensibilität an zu spielen. Nur vor den Mazurkas op. 24 seines Landsmanns Frédéric Chopin schien er den größten Respekt zu haben. Bevor er die Tasten zum Musizieren berührte, war seine innere Sammlung besonders intensiv. Das Rondo in a-Moll KV 511 von Mozart und die Polonaise in As-Dur op. 53 von Frédéric Chopin rahmten das Konzert ein, Musik, die im Tänzerischen ihren Ursprung haben.

Das Rondo ist bei Mozart ein melancholisches Stück, ein fernes, ein gedankenverlorenes Selbstgespräch, das der Komponist schmucklos und schlicht ausklingen lässt. Blechacz spielte es ohne jegliche Effekte, streng und herb, fast zu unterkühlt. Die Sonate Nr. 8 in a-Moll KV 310 ist von der Trostlosigkeit, die Mozart nach dem Tod seiner Mutter empfindet, sowie von der Schmerz überwindenden, hoffnungsvollen Helligkeit bedacht, die das Musizieren so reizvoll machen. Blechacz hob vor allem im ersten Satz das Düstere, von dem der Komponist betroffen war, in dem sich Unruhe und Nervosität mischen, deutlich hervor. Der langsame Satz ist von untröstlicher Traurigkeit geprägt, gleichzeitig sehr innig. Die technischen Anforderungen sind ausgesprochen hoch, der Satz ist voller rhythmischer Fußangeln aller Art. Kein Problem für den Polen.

Ein wenig mehr Schalk hätte gutgetan

Im abschließenden schnell dahin huschenden, geheimnisvollen Presto glänzte der Pianist mit vielen dynamischen Feinheiten. Facettenreich und voller Brüche ist auch Beethovens Sonate Nr. 28 in A-Dur op. 101, mit der Blechacz seine Zuhörer in die Pause entließ. Vom lyrisch verträumten ersten Satz zum energischen, geerdeten Marsch des zweiten über den aus Ausweglosigkeit weisenden dritten Satz bis zum humorvollen Finale war die Interpretation von Schwung gekennzeichnet und von „innigster Empfindung“ (wie Beethoven zumindest für den ersten Satz einfordert).

Ein wenig mehr Schalk hätte dem vierten Satz gutgetan. Doch dies ist eine Sache des Geschmacks und des persönlichen Naturells. In Robert Schumanns Klaviersonate g-Moll op. 22 konnte Blechacz dann in den schnellen Sätzen seine souveräne Virtuosität unter Beweis stellen. Gleichwohl bekommt man, während im anfänglichen Prestissimo und im abschließenden Presto die Läufe und Figuren vorbeisausen, nie den Eindruck virtuosen Selbstzwecks. Dafür gestaltet er die im Passagenwerk enthaltenen Melodielinien zu bewusst.

Abschließend musizierte der polnische Pianist vier Mazurkas op. 24 und die Polonaise op. 53 von Chopin. Mit den Mazurkas schuf Rafal Blechacz eine emotional direkt ansprechende, authentische Atmosphäre, die zu Herzen ging und mit der Polonaise gab es einen fröhlichen und kraftvollen Kehraus, der mit langanhaltendem Beifall bedacht wurde. 

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