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Kultur: Konsummenschen

Werbung aus der Kunstschule Potsdam für Geschirrserien, Zitronenpresse und Nasenspray

Werbung wirkt. Auch auf und in Kinderköpfen. Das kann man seit kurzem in der Kunstschule im Rathaus Babelsberg sehen. Auf Themensuche für das diesjährige Ausstellungsjahr stießen die Lehrkräfte auch auf Jubiläen. Unter anderem auf das 100-jährige des Maggifleischbrühwürfels. Und wenn man weiß, dass Künstler, wie der Dichter Frank Wedekind oder der Jugendstilgrafiker Alfons Mucha, für das Unternehmen gearbeitet haben, liegt es nahe, auch heutige Kunstschüler mit dem Thema Werbung zu konfrontieren.

Dabei ging es jedoch nicht darum, moderne Werbung nachzuahmen sondern darum herauszufinden, wie Kinder diese wahrnehmen. Entstanden ist wie schon so oft ein wunderbarer Kosmos kindlicher Phantasiewelten. Denn das 5- bis 14- jährige ihre ganz originären Ideen auch zu diesem Thema entwickeln, war an diesem Ort vorauszusehen. Kursleiter Peter Bause gab einer Gruppe von acht Kindern zur Einstimmung auf das Thema nichts als Prospekte von bekannten Diskountern in die Hand. Auf der großformatigen Gemeinschaftsarbeit, die daraufhin im Nu entstand, tummeln sich unzählige „Konsummenschen“: Mit Körpern aus Töpfen, Computern und Weinflaschen. Ins Spiel mit der Werbung ließen sich auch Tim und Friedrich ein, die im Wortsinn verrückte Modecollagen zu aktuellen Trends schufen.

Darauf ist beispielsweise der Kopf von Carl Lagerfeld zu sehen. Bekleidet ist der stilbewusste Modezar hier jedoch mit einer lachsrosa Tunika, einer schlabbrigen Jeans und Pumaturnschuhen. Noch stärker wird das entstandene Puzzle mit dem nicht nur im Schlussverkauf allgegenwärtigen Wort „Preishammer!“ karikiert. Auch Dürers wohlbekannter Feldhase und die Mona Lisa müssen als „Vehikel“ für moderne Glückseeligkeitsversprechen herhalten. Egal, ob es sich dabei um eine Handy-Flatrate oder Kosmetikartikel handelt.

Wesentlich ernsthafter gingen die jungen Designerinnen ans Werk, die ganze Geschirrserien inklusive Besteck in grafischen schwarz-weiß Mustern entwarfen. Da sind Papierentwürfe mit Namen wie „Kreta!“ oder „So la la“ zu sehen, die in diesem Bereich professionell Tätigen durchaus zur Ehre gereichen würden. Genauso wie die tollen Verpackungs- und Taschenentwürfe, die die Teilnehmerinnen des Keramikkurses schufen. Es ist immer wieder überraschend, was die Kunstschüler unter Anleitung von Birgit Krenkel mit Ton so alles anstellen können!

Und welche Ideen sie im Hinblick, auf solche von der Werbung vernachlässigte Bereiche wie den Beipackzettel entwickeln. Eine Fernbedienung wird so endlich mal haarklein aufgezeichnet und die Belegung der Knöpfe noch um solche Wünsche wie Coca Cola, Regen, Sonnenschein oder „reichstes Kind der Welt“ erweitert. Auch eine Zitronenpresse und selbst Nasenspray werden wesentlich benutzerfreundlicher als gewohnt präsentiert und zeigen den Erfindungsreichtum und Gestaltungswillen der jüngsten Kunstschüler auf“s Schönste.

Ausstellung bis 2. Mai, geöffnet von Montag bis Freitag von 9 bis 19 Uhr

Astrid Priebs-Tröger

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