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Kultur: Können Farben böse sein?

Es grünt in der neuen Ausstellung der Kunstschule Potsdam

Nach Blau, Weiß, Rot und Gelb ist jetzt Grün dran. Das jedenfalls dachten sich die Lehrer der Kunstschule Potsdam, nachdem sie in den vergangenen Jahren jeweils eine dieser Farben in den Mittelpunkt einer Ausstellung rückten. „Es grünt so grün“ oder „Grün ist die Hoffnung“. Sofort hatten sie diese Klischees vor Augen und beschlossen, es diesmal ganz anders anzugehen. Und nannten ihr Thema „Grün, du böse Farbe“ nach einer Liedzeile aus dem Zyklus „Die schöne Müllerin“ von Wilhelm Müller.

Was fällt einem ein, wenn man an „böses“ Grün denkt? Vielleicht „Grüne Labyrinthe“, wie auf den Bildern von Johanna und Leonie, den beiden Achtjährigen, in denen man sich heftig verirren kann. Oder giftgrüne Ungeheuer, die Flughunden oder Drachen ähneln und augenscheinlich von den jüngsten Kunstschülern gestaltet wurden. Und die womöglich in einem üppigen blaugrünen Urwald, wie dem von Marie-Christine (11) zu Hause sind. Es gibt auch eine gierige fleischfressende grüne Pflanze mit blutrotem Rachen und weißen Riesenzähnen zu betrachten und Vögel, die auf der Flucht vor eben solchen grässlich grünen Ungeheuern sind.

Aber sonst? Ist doch Grün gar nicht so ungeheuerlich. Schon Goethe schrieb ihm in seiner „Farbenlehre“ eine eher beruhigende Wirkung zu und empfahl, Zimmer, in denen man sich meistens aufhält, damit zu gestalten. Aber er kannte auch „charakterlose Zusammenstellungen“, wie Gelb und Grün und Blau und Grün. Etwas „Gemein-Widerliches“ schrieb er letzterer zu und sicher ohne ihn zu kennen, hat Konstanze ihren „Prahlenden Flaschengeist“ in genau solcher Kombination gemalt und außerdem noch mit einer hässlichen Fratze versehen. Ziemlich abschreckend und sehr wirkungsvoll.

Vis-à-vis gibt es eine eindrucksvolle Gemeinschaftsarbeit von Erwachsenen zu bewundern. Vierzehn recht naturgetreue Reliefdarstellungen aus Pappmaché von „Allem, was da kräucht und fläucht“, wie prächtigen Echsen und Fröschen, Käfern und einem vorwiegend grünen Schmetterling. Und auch das beruhigende Grün von Bäumen und Landschaften kommt in der anregenden und wiederum sehr liebevoll gestalteten Kunstschulexposition nicht zu kurz. Wie „Auf der Augenweide“, einer Collage aus Stoffen und Papieren oder dem detailreichen Bild „Blattwerk“, beides ebenfalls Arbeiten von erwachsenen Kursteilnehmern.

Und wie fühlt sich der Betrachter am Ende? Eher wie ein bisschen „grün im Gesicht“ oder froh und hoffnungsvoll? Also, unwohl ist einem auf keinen Fall, auch wenn man noch an stachligen Riesenkakteen und grinsenden Marsmännchen vorbei muss. Und man kann gespannt sein, wie sich die „zarten Pflänzchen“ des gestalterischen Talents vor allem derer, die noch „grün hinter den Ohren sind“, weiterentwickeln werden.

Astrid Priebs-Tröger

Bis 27. April, geöffnet Montag bis Freitag, 9 bis 19 Uhr im Rathaus Babelsberg.

Astrid Priebs-Tröger

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