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Kultur: Klingende Zicke und Schwergewicht

„Gesprächskonzert“ im Palais Lichtenau

Wenn es regnet, weiß die Flötistin Bettina Lange das schon einen Tag vorher. Ihre historische Holzquerflöte sei eine „klingende Zicke“, hochsensibel, sagte sie beim zweiten Gesprächskonzert der Kammerakademie Potsdam (KAP) im Palais Lichtenau gleich zu Beginn. Gemäß dem Motto „Klingendes Handwerk“ ging es um technische Dinge aus der Musikpraxis, diesmal vorrangig von Bläsern. Die historische Querflöte sei schwerer zu spielen als die klassische Querflöte aus Silber oder aus Gold, sagte Lange. Solch ein schimmerndes Exemplar führte die KAP-Soloflötistin ebenfalls vor, um den so unterschiedlichen Klang beider Flöten zu demonstrieren. Ganz wichtig sei es außerdem, sich dem Klangideal des jeweiligen Raumes anzunähern. Im holzgetäfelten, eher kleinen Festsaal des Palais Lichtenau vom Ende des 18. Jahrhunderts sei eine zurückhaltende Spielweise gefragt.

Das sah Pianistin Rebecca Maurer genauso. Auch für sie stellen historische Instrumente ausgereifte Persönlichkeiten dar: „Es ist meine Aufgabe, die Seele des Instruments zu entdecken“, erklärte die Expertin für das Spiel auf dem Hammerklavier. Der helle, gut artikulierte Klang mit schnellem Abklang passe hervorragend zum Klangideal der Zeit, das auf Sprache basiert, erklärte Rebecca Maurer und zeigte mit ein paar Takten aus der Genzinger-Sonate von Joseph Haydn, wie diese sprechende Musik aussieht – eine wahrhaft sprechende Liebeserklärung im Medium der Musik. Indessen besitzt jede Zeit die ihr gemäßen Instrumente und die passende Musik, die wie ein Spiegelbild bis zu uns Heutigen reflektiert. Für die größer gewordenen Konzertsäle benötigte man einen Flügel im Gewicht eines Steinways, wie er auch im Palais Lichtenau steht. Mit den 20 Tonnen Zugkraft seines gusseisernen Rahmens übertrifft er den aus Holz gefertigten Hammerflügel mit nur drei Tonnen Zugkraft allein an purer Lautstärke. Die schlichte Schönheit der historischen Instrumente demonstrierten Bettina Lange und Rebecca Maurer anhand der Flötensonate von Carl Maria von Weber. Bei den Bläserquintetten mit Oboe, Fagott, Klarinette und Horn musste das Hammerklavier dann schon etwas aufdrehen, um nicht im kräftigen Schall dieser Kombination unterzugehen.

Besonders das lange Fagott hatte es den Zuhörern angetan und so erklärte Christoph Knitt, dass er seit seinem 16. Lebensjahr für sein Instrument die Doppelrohrblätter selber baue: „Das dauert bis zu einer Woche und wenn es dann nicht gut klingt, ärgere ich mich nur über mich selber.“ Auf dem Naturhorn blies Christian Müller. Auf den Kommentar des Moderators Peter Claus, dass er ja die ganze Zeit „wie ein Honigkuchenpferd“ gestrahlt habe, antwortete Oboist Jan Böttcher mit gebotenem Ernst, dass ihm die Musik halt Laune mache. Davon ließ sich das Publikum spätestens beim abschließenden Es-Dur-Quintett Mozarts erfassen, das trotz betont zurückhaltendem Spiel lebendig und temperamentvoll klang. Wie Intendant Alexander Hollensteiner nach diesem gelungenen Abend in Aussicht stellte, sollen die Gesprächskonzerte der KAP in Zukunft fortgesetzt werden. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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