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Camilla macht sich in dem Abenteuer auch auf die Suche nach ihrem Vater.

© Andreas Klaer

Klimaschutz für Kinder: Camilla will im Filmmuseum ihren Eisberg retten

Kleine Schau mit großer Wirkung: Die Foyerausstellung im Filmmuseum Potsdam richtet sich erstmals an Kinder. Ihr brennendes Thema ist Umweltschutz.

Potsdam - Manchmal kommen die großen Themen ziemlich klein daher. Manchmal muss man dafür ein paar Treppen steigen, muss die Publikumsmagnete links liegen lassen. Bei der neuen Foyerausstellung im Filmmuseum ist das so: Gehen Sie durch das Foyer ins obere Stockwerk, lassen Sie das Sandmännchen Sandmännchen sein, und tauchen Sie ein in die Bild- und Tonwelten, die dort oben an der Wand aufgereiht sind. Sie werden die Zukunft finden.

„Camilla Plastic Ocean Plan“ heißt die Ausstellung, die dort am heutigen Donnerstag eröffnet. Es ist die erste Schau im Foyer, die sich dezidiert an Kinder wendet. Das ist nur folgerichtig, denn um sie, die Kinder, geht es hier. Es geht darum, worauf wir in Zukunft verzichten, wie wir leben werden – und die Jüngsten am längsten. Es geht um das Verhältnis von Mensch und Natur.

Die Ausstellung „Camilla Plastic Ocean Plan“ läuft bis Mitte April 2023.
Die Ausstellung „Camilla Plastic Ocean Plan“ läuft bis Mitte April 2023.

© Andreas Klaer

Hunderte Studierende beteiligt

Angestoßen hat das Angelica Böhm, Professorin im Studiengang Szenografie an der Filmuniversität Babelsberg. 2015 wurde sie von Studierenden auf das Thema Umwelt gestoßen. Sie trieb schon damals die Frage um, die seit Fridays for Future in den Künsten gang und gäbe ist: Wie lässt sich Kunst produzieren, ohne die Natur kaputt zu machen? 

Böhm verband die Frage mit einem künstlerischen Ansatz, der ohnehin in den Lehrplan gehört: „Transmediales Erzählen“. Gemeint sind damit künstlerische Formen, die zwischen den Genres pendeln – zwischen Film und Hörspiel, Comic und Bildender Kunst. Am Projekt beteiligt waren seit 2015 Hunderte von Studierenden aus den Fächern Creative Technologies, Animation, Filmmusik, Szenografie, Wirtschaftskommunikation und Medieninformatik.

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Wer sich „Camilla Plastic Ocean Plan“ ansieht, erfährt dieses Pendeln am eigenen Leib. Hier treffen Gemälde auf Animationsfilme, Hörstationen auf Infografiken. Ausgangspunkt ist ein etwa 15-minütiges Hörstück, geschrieben von der Potsdamer Drehbuchautorin Liane Porthun.

Dorett Molitor, die die Schau für das Filmmuseum kuratiert hat, empfiehlt, auch über die Hörstücke in die Schau einzusteigen. Erzählt wird das Abenteuer von titelgebender Camilla, etwa 13 Jahre alt. Sie lebt auf einer Insel mitten im Ozean, glücklich eigentlich – nur dass die Insel ein Eisberg ist, und dieser Eisberg schmilzt. Das zweite Problem: Ihr Vater ist verschwunden. Das dritte: Camilla kann ihn nicht suchen, weil sie kein Wasser mag. 

Die Schau von Dorit Molitor (l.) und Angelica Böhm erzählt die Geschichte des Mädchens Camilla. 
Die Schau von Dorit Molitor (l.) und Angelica Böhm erzählt die Geschichte des Mädchens Camilla. 

© Andreas Klaer

Plastik hingegen mag sie anfangs sehr. Es glänzt, ist formbar, unkaputtbar. Die Ozeane sind bekanntlich voll davon. Durch das Verschlucken von Mikropartikeln oder Verletzungen sterben Hunderttausende Meerestiere. Plastikmüll in gigantischem Ausmaß führt zu Plastikstrudeln, mit Flächen teilweise so groß wie Deutschland. „Wir alle nehmen über Produkte aus den Weltmeeren täglich Plastik zu uns“, sagt Dorett Molitor. 2050 soll es mehr Plastik als Fische in den Weltmeeren geben. Dagegen schlägt diese Schau Alarm.

Ausstellung gibt Hausaufgaben auf

Zwei ihrer Probleme wird Camilla lösen. In sechs Kapiteln macht sich das Mädchen auf eine Reise. Verliert ihre Angst vor dem Wasser, freundet sich mit einem Jungen an, dessen Element das Wasser ist. Entdeckt mit Schrecken, dass die Fische verschwunden sind – und findet sie wieder. Auch ihren Vater findet sie wieder. Was sie tun kann, um das Schmelzen ihres Eisbergs aufzuhalten, das entdeckt sie nicht. Das ist uns überlassen – das sind die Hausaufgaben.

Zu erleben sind Hörspiele, Gemälde, Filme, Kostüme – und die Zukunftsvision des „Future Lab“ von der Filmuni Babelsberg für die Potsdamer Innenstadt.
Zu erleben sind Hörspiele, Gemälde, Filme, Kostüme – und die Zukunftsvision des „Future Lab“ von der Filmuni Babelsberg für die Potsdamer Innenstadt.

© Andreas Klaer

Begleitet wird Camillas Abenteuer von verschiedensten Visualisierungen, ausgewählt von Dorit Molitor aus dem 2015 entstandenen Archiv von rund 300 Studierenden. Es ist ein atemberaubender Einblick in das Schaffen der Filmuni. Eine Kostümbildnerin hat Camillas futuristischen Tauchanzug aus Plastikflaschen entworfen. Ein Modell des Eisbergs ist zu sehen. Gemälde, teils großformatig, zeigen Versionen der düsteren Unterwasserwelt, in der Camilla lebt. Das Überraschendste: einige Bilder wurden durch Animation zum Leben erweckt und mit Klängen unterlegt – sodass man den Eindruck hat, punktuell in diese Welt tatsächlich einzutauchen.

„Camilla Plastic Ocean Plan“ ist eine kleine Offenbarung. Es zeigt, was Museum heute sein kann, wenn es versucht, sich auf Erzählweisen für Kinder einzulassen. Wie wertvoll es ist, Nachwuchs-Expertise zur Hand und Querverbindungen zu Partnern wie dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung zu haben. 

Es zeigt, was Potsdamer Expertise kann, wenn sie sich zusammenschließt. Es zeigt vor allem auch, dass das Filmmuseum weiß, welche Themen vor der eigenen Tür „brennen“. Und am Schluss zeigt es sogar, wie Mercure, Havelbucht und Garnisonkirche aussehen könnten, wenn die Natur sich diese Orte einst zurückerobert hat. Nächstes Mal darf all das ruhig auch mehr Platz bekommen. So schön Entdeckungen wie diese sind: Große Themen dürfen ruhig auch groß daherkommen.

Eröffnung am Donnerstag (30.6.) um 19 Uhr im Filmmuseum. Zu sehen bis 16.4.2023, Eintritt frei.

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