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"Die Weihnachtsgans Auguste" nach Friedrich Wolf in der Potsdamer Regie von Ekat Cordes, Bühne: Anike Sedello.

© Thomas M. Jauk

Klassikeradaption nach Friedrich Wolf am Hans Otto Theater: „Wer braucht schon Wurst, um froh zu sein?“

Kein Schwein, befindet das Weihnachtsmärchen des HOT. Gegeben wird eine Comic-Fassung von Friedrich Wolfs "Weihnachtsgans Auguste". Vergnüglich, bunt - und ziemlich einfach gestrickt.

Potsdam - Als Friedrich Wolf „Die Weihnachtsgans Auguste“ schrieb, den Zweiten Weltkrieg gerade im Rücken, muss die Idee ein Skandal gewesen sein. Da bringt ein Mann, der sich das leisten kann, in der Vorweihnachtszeit eine Gans nach Hause, den künftigen Festbraten - und die Kinder weigern sich, ihn zu essen. Freunden sich stattdessen mit ihm an. Unvorstellbar, angesichts des Hungerwinters 1946/47.

Heute sind andere Dinge unvorstellbar geworden. Dass überhaupt eine lebendige Gans ins Haus kommt, dass ein Dienstmädchen damit beauftragt wird, sie zu rupfen, dass ein Familienoberhaupt namens Luitpold Löwenhaupt über all das bestimmen kann. Dennoch, „Auguste“ ist ein Klassiker, ostsozialisierten Elterngenerationen durch Defa-Filme (auch von Rainer Simon) und eine legendäre Hörspielplatte bekannt. Und ja, auch das Thema (Fleisch oder kein Fleisch?): topaktuell.

Heute, heute! Das ruft auch die Bühne

Beliebter Weg aus dem Dilemma, das in die Jahre gekommene Klassiker heute darstellen, sind neue Textfassungen - so geschehen auch hier. Diese „Weihnachtsgans Auguste“ stammt von Andreas Rehschuh, hiesigen Theatergänger:innen bekannt als Regisseur übermütiger Komödien

Das Familienoberhaupt heißt nicht Luitpold, sondern Luitpoldina, die Kinder nicht Peterle und Gerda, sondern Tamino und Carmen. Statt einer Haushälterin gibt es Opa Theo. Mama ist hier der Boss, eine Operndiva, die gerne Fleisch isst. Papa ist nur beinahe Hausmann: Samba-Lehrer.

Heute, heute!, ruft auch die Bühne (Anike Sedello). Eine quietschbunte Comic-Welt, Wolken, Wände, ein Kühlschrank, eine Kellertreppe schieben sich auf bunten Papprequisiten herein und wieder heraus. „Naak“, sagt ein Schildchen schon, bevor Auguste (Raijko Geith) in einem Karton hereingewatschelt kommt. 

Das Ensemble jagt hochtourig durch die Manege

Die Regie von Ekat Cordes jagt das Ensemble entsprechend hochtourig durch die Manege. Mutter Löwenhaupt (Johanna-Julia Spitzer) wirbelt immer weg zur Probe, wenn es brenzlig wird - und glaubt bis kurz vor Schluss, dass sie, die Bühnen-Brunhild, dem Federtier den Garaus machen wird. 

Tamino (Jonathan Schimmer) sieht das von Beginn an anders, seine Schwester (Franziska Krol) braucht etwas länger - wie Opa Theo (Martin Militor), ein Rocker am Rollator. Er wird Auguste am Ende den Pullover stricken, um das nacktgerupfte Bürzel zu bedecken.

Auf dem Weg dahin landen Eier und Gänsedreck auf der Bühne, werden Lieder gesungen („So eine Gans ist im Haushalt ein Hit“) und wer es bis zum Schluss nicht begriffen hat, nimmt den Refrain mit nach Hause: „Wer braucht schon Wurst, um froh zu sein? Kein Schwein“. Naak. 

Empfohlen für Kinder ab sechs. Karten gibt es wieder für die Vorstellungen am 5., 7., 20., 21. und 26.12., je zwei Aufführungen täglich im Großen Haus des Hans Otto Theaters.

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