zum Hauptinhalt

Kultur: „Klasse Klasse“ vom Theater Strahl

Über Schule ist schon so viel geredet worden. Fast jeden Tag findet man in den Medien diverse Anamnesen des inzwischen chronisch kranken Patienten.

Über Schule ist schon so viel geredet worden. Fast jeden Tag findet man in den Medien diverse Anamnesen des inzwischen chronisch kranken Patienten. Und natürlich viele Tipps und Rezepte für seine Genesung. Doch den leidtragenden Beteiligten – Schüler, Lehrer und Eltern – hilft das wenig. Das Berliner Theater Strahl hat 2007 ein ganz besonderes Angebot zu diesem Thema gemacht: Das Masken-Beatbox-Theaterstück „Klasse Klasse“, das im T-Werk im Rahmen des 9. Theatertreffens „Spurensuche“ zu erleben war. Besonders vor allem deshalb, weil es gerade für Jugendliche völlig neue Erfahrungen mit dem Medium Theater ermöglicht.

Um es gleich vorweg zu sagen: Geredet wird in dieser äußerst humorvollen und sehr dynamischen Szenencollage (fast) gar nicht. Und dabei doch so viel gesagt. Mithilfe von umwerfenden Masken, die von Michael Vogel vom Maskentheater Familie Flöz stammen, werden die unterschiedlichen Typen und Charaktere, die sich so beinahe in jeder Klasse finden lassen, dargestellt. Egal, ob es sich um die Streberin, den Obermacker, den Klassenclown oder die Schönheitskönigin handelt. Die Masken geben einerseits die Typen vor und lassen andererseits doch den Zuschauer frei in seinen eigenen Assoziationen. Hinzu kommt, dass die vielen pointierten Szenen kongenial von Beatboxer Daniel Mandolini auf der Bühne live „untermalt“ werden. Mit treibenden Beats und originellen Geräuschen, die einzig und allein mit Lippen, Zunge, Stimme und Rachen erzeugt werden. Schon allein diese Aufführung des 25-jährigen amtierenden Deutschen Beatbox-Meisters und Studenten für klassische Gitarre an der Hochschule für Musik „Hans Eisler“ wäre den Besuch der Vorstellung wert.

Erzählt wird in „Klasse Klasse“ keine durchgängige Geschichte. Es wird in vielen prägnanten Momentaufnahmen ein humorvolles und ernstes Bild zugleich vom Mikrokosmos Schule gezeichnet. Witzig die kleinen Eifersüchtelein und Rangeleien zwischen den Schülern, ernst die Übergriffe der Lehrer auf ihre ihnen anvertrauten Schützlinge. Doch – und das ist die große Stärke der Inszenierung von Michael Vogel – es geht nicht um Schwarz-Weiß-Malerei oder einseitige Schuldzuweisungen. Es geht immer um“ s Ganze. Und so kriegen Schüler und Lehrer auch noch ein „Innenleben“. Das wird bei den Schülern über Animationen (Andreas Dihm) auf eine interaktive Tafel projiziert und lässt den Zuschauer unter anderem an den geheimen Träumen von Sepp, Vitali, Tanya und Hella teilhaben.

Fünf Schauspieler – Dirk Böhme, Anne-Rebekka Düsterhöft, Christian Giese, Janne Gregor und Dana Schmidt – spielen 15 Rollen. Und es ist bewundernswert, mit wie viel Rhythmus, Körpereinsatz und Spielwitz sie ihre Figuren ausstatteten: Nach kurzweiligen und nachdenklich machenden 80 Minuten begeisterter und lang anhaltender Beifall für eine Inszenierung, die völlig zu Recht für den Berliner Kinder- und Jugendtheaterpreis Ikarus 2008 nominiert wurde und in Kooperation mit dem Theater Duisburg entstand. Und für die es sich für Schüler, Lehrer und Eltern durchaus nach Berlin zu fahren lohnt. Denn gemeinsames Lachen ist oft wirkungsvoller als Reden und könnte auch für den einen oder anderen ziemlich heilsam sein.Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-TrögerD

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false