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Sucht den Humor: Sebastian Wirnitzer.

© Andreas Klaer

Kinderstückpremiere am Hans Otto Theater: Freundschaft mit Urkraft

Theaterregisseur und Schauspieler Sebastian Wirnitzer inszeniert das Kinderstück „Gans, du hast mein Herz gestohlen“ am Potsdamer Hans Otto Theater - ganz ohne plüschige Kostüme, dafür mit Witz.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Dieser Hä-Moment ist immer da. Er kommt nach der ersten Begeisterung für ein Theaterstück – erst beim zweiten Lesen. Dann steht Sebastian Wirnitzer auf einmal vor vielen Fragen: Wie funktioniert das eigentlich mit den schnellen Szenenwechseln? Kann man das überhaupt im Bühnenbild umsetzen? Wie sollen die Kostüme aussehen? „Der Kopf arbeitet dann ganz einfach schon mit, Bilder entstehen, der Arbeitsprozess beginnt“, sagt der Theaterregisseur. Mit seinem aktuellen Kinderstück „Gans, du hast mein Herz gestohlen“, das am morgigen Freitag Premiere in der Reithalle des Hans Otto Theaters hat, ging es ihm ganz genauso.

Der Vorteil: Mit Bühnen- und Kostümbildner Vinzenz Karl Hegemann hat er schon oft zusammengearbeitet. „Wir sprechen eine ähnliche Sprache, da entstehen Bilder aus dem Kopf auch schnell in der Realität“, sagt der 45-jährige Potsdamer. Das ist für Freitag ganz besonders spannend, da alle Protagonisten des Stückes Tiere sind. Erzählt wird von einer depressiven, dichtenden Gans, die auf einen Fuchs trifft, als dieser versucht einen Hühnerstall zu überfallen. In ihrer Lebensüberdrüssigkeit versucht sie ihn dazu zu überreden, sie selbst statt eines Huhnes zu fressen. Allerdings zweifelt der Fuchs am guten Geschmack des Vogels und schlägt stattdessen den Wolf als Fresskandidaten vor. Es beginnt eine Reise mit allerlei Begegnungen und die Entwicklung einer unerwarteten Freundschaft.

Jana Julia Roth und Matthias Gärtner spielen Gans und Fuchs.
Jana Julia Roth und Matthias Gärtner spielen Gans und Fuchs.

© Thomas M. Jauk

Depression als Thema

Das Stück von der polnischen Autorin Marta Gusniowska ist in Potsdam in der deutschsprachigen Erstaufführung zu sehen. Kürzungen waren deswegen – so will es das Theatergesetz – nicht erlaubt, laut Wirnitzer aber auch nicht nötig. Viel wichtiger sei es gewesen, die Themen des Stückes für Kinder ab sechs Jahren greifbar herauszuarbeiten. Denn die sind mit Depression und Suizidgedanken gar nicht so ohne. „Gerade diese Reibung hat mich interessiert“, sagt Wirnitzer.

Auch Kinder müssten sich schon mit Tod, etwa mit dem der Großeltern auseinandersetzen. Und auch sie kennen Momente der Traurigkeit, in denen sie sich verloren fühlen. „Wichtig war uns, den Humor aufrechtzuerhalten, sodass man zwar mit den Figuren leidet, aber sie gleichzeitig witzig findet.“

Um das Stück nicht ins Lächerliche zu ziehen, verzichtet Wirnitzer auf tierische Plüschanzüge für die Darsteller. Stattdessen haben er und sein Team sich angeguckt, wofür die einzelnen Tiere stehen, was sie ausmacht – auch optisch natürlich. Der kluge Fuchs trägt etwa ein Barockkostüm, die gelbfüßige Gans entsprechend farbige Gummistiefel. Überhaupt waren es diese beiden Figuren, die Wirnitzer an dem Stück so gereizt haben, wie er sagt. Weil sie so unterschiedlich sind und doch eine Freundschaft zueinander entwickeln. „Die ergibt dann eine ganz wunderbare Urkraft“, sagt er und schmunzelt selbst etwas über den pathetischen Satz.

Wirnitzer ist am HOT zu Hause

Überhaupt ist Wirnitzer kein Mann der großen, überschwänglichen Worte. Er bleibt lieber präzise – und hebt sich die Dramatik für die Bühne auf. Von 2001 bis 2004 war er selbst als Schauspieler im festen Ensemble des Hans Otto Theaters zu sehen – und probierte sich auch schon damals als Regisseur aus. Seine „erste ordentliche Produktion“, wie er sie selbst nennt, inszenierte er dann 2007 mit Ulrich Hubs Kinderstück „An der Arche um acht“. Es folgten weitere Regieaufträge in Potsdam und anderen Theatern, auch als Schauspieler arbeitet Wirnitzer weiterhin, hatte auch kurze Auftritte im Fernsehen. In der RTL-Serie „Hinter Gittern – Der Frauenknast“ spielte er von 2006 bis 2007 einen Anstaltsarzt.

Sowohl Regie als auch Schauspiel seien ihm wichtig, für eines entscheiden könne und wolle er sich nicht. Beides bedinge sich auch, die Arbeit als Regisseur sei nur etwas selbstwirksamer. „Wenn ich als Regisseur möchte, dass jemand von rechts nach links läuft, passiert das auch. Wenn ich als Schauspieler von rechts nach links laufen möchte, kann es sei, dass der Regisseur das nicht möchte“, beschreibt Wirnitzer. Dem berühmten Hä-Moment jedoch begegnet er durchaus in beiden Gewerken. 

>>Die Premiere am 6. September ist ausverkauft. Für die Vorstellung am 10. November, 15 Uhr, sind noch Karten erhältlich.

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