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Auf Reisen. Die Kammerakademie Potsdam tourt seit dem 22. Januar durch Europa – allerdings ohne Antonello Manacorda (M.). Stattdessen ist Dirigent Trevor Pinnock dabei.

© Stefan Gloede

Kammerakademie Potsdam: Potsdam, Istanbul, Vaduz

Die Kammerakademie Potsdam ist auf Tournee in 13 europäischen Städten.

Gut drei Stunden benötigt das Flugzeug von Berlin nach Istanbul, jener überaus lebendigen türkischen Stadt am Bosporus, in der sich römische, griechische und osmanische Geschichte auf beeindruckende Weise treffen. Viel kann sie über ihre historische Rolle und ihre künstlerischen Schätze, denen man auf Schritt und Tritt begegnet, erzählen.

Die 20 Musikerinnen und Musiker der Kammerakademie Potsdam fanden, bevor sie im Is Sanat Konzertsaal gastieren, ein wenig Zeit, um die frühchristlichen Meisterwerke sowie die prachtvollen Paläste und Moscheen der osmanischen Zeit näher in Augenschein zu nehmen. Klar, die politischen Ereignisse der vergangenen Monate in der Türkei beschäftigen auch sie. „Bereits vor der Reise haben sie sich in puncto Sicherheitsfragen Gedanken gemacht“, sagte Kammerakademie-Geschäftsführer Alexander Hollensteiner den PNN. „Doch die Verantwortung für das Publikum hat sie bewogen, sich auf die Reise nach Istanbul zu begeben.“

Die Kammerakademie ist unterwegs. Eine Konzerttournee führt sie durch mehrere europäische Städte. Köln, Istanbul, Antwerpen, Stuttgart, Lyon, Genf, München und Wien sind die Stationen, an denen die Musikerinnen und Musiker bis zum 5. Februar fast allabendlich ihre Instrumente auspacken und anschließend auf dem Konzertpodium stehen. Für die Stadt ist das Orchester nicht zuletzt Werbeträger und Visitenkarte: Mit ihren musikalischen Meisterleistungen begeistere die Kammerakademie das Publikum und hat längst einen internationalen Ruf erworben, lobte Potsdams Stadtoberhaupt Jann Jakobs (SPD) das Orchester. „Wir können stolz darauf sein.“

Ein neues Programm hat die Kammerakademie im Gepäck. Gemeinsam mit dem herausragenden Soloflötisten der Berliner Philharmoniker, Emmanuel Pahud, sowie dem englischen Dirigenten Trevor Pinnock absolvieren die Mitglieder 13 Konzerte. Istanbul gehört dazu. Das Is Sanat Konzerthaus mit seinen rund 800 Sitzplätzen, ein Gebäude, das die mächtige türkische Bank Is bauen ließ, hat ein umfangreiches Angebot auf seinem Spielplan. Konzerte von Barockmusik über Klassik bis zum Jazz kann man an diesem gefragten Ort der Istanbuler Musikszene erleben. Solisten und Ensembles der Weltklasse geben sich in ihm ein Stelldichein. So werden der Cellist Mischa Maisky, der Violinist David Garrett, das Freiburger Barockorchester oder die Kremerata Baltica mit Gidon Kremer in den kommenden zwei Monaten im Is Sanat Konzertsaal musizieren.

In der Potsdamer Friedenskirche und einen Tag später im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie haben Pahud, Pinnock und die Kammerakademie das Tournee-Konzertprogramm mit Werken der Klassik vorgestellt. Ihre Interpretation der Flötenkonzerte und Sinfonien von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart sowie François Devienne bewies nachhaltig, dass der Potsdamer Klangkörper in die erste Reihe der europäischen Kammerorchester herangereift ist. Die Zuhörer waren von der hohen Spielkultur sowie der farbigen und technisch einwandfreien Wiedergabe, mit der die Musikerinnen und Musiker spielen, begeistert.

Zwar könnte eine Mitwirkung des überragenden Flötisten Emmanuel Pahud das Orchester schnell zu einer Randnotiz machen, doch das trat in keinem Augenblick ein. Die Potsdamer musizierten stets mit höchstem Einsatz und unbedingtem Ausdruckswillen. Dafür sorgte auch der hellwache und agile Trevor Pinnock am Dirigentenpult, der von den Musikern Äußerstes fordert.

Während der 14-tägigen Reise müssen sich alle Mitwirkenden auf ganz unterschiedliche Säle und deren akustische Herausforderungen einlassen. Ausführlich probt der Dirigent vor jedem Konzert mit dem Orchester und dem Solisten vor Ort, um möglichst eine Klangperfektion für den jeweiligen Raum zu erreichen. Die Zuhörer im fast ausverkauften Konzertsaal in Istanbul sind am Ende begeistert von der großartigen Qualität der Interpretation des Solisten, des Dirigenten und der Kammerakademie. Mit Standing Ovations werden sie gefeiert.

Da die Konzerte in Istanbul erst um 20.30 Uhr beginnen und vor Mitternacht man wohl kaum das Hotelbett erreicht, sind die Nächte relativ kurz – zumal man am nächsten Morgen rechtzeitig den Flughafen erreichen muss. Nach der Reiseabfertigung sitzen die Musikerinnen und Musiker endlich im Flugzeug und fliegen einem neuen Konzertort entgegen. Von Istanbul geht es nach Brüssel und von dort aus nach Antwerpen.

Von den drei Sälen des Internationalen Kultur- und Kunstzentrums deSingel in Antwerpen, eingeweiht im Jahr 1980, ist der Blaue Saal für das Konzert vorgesehen. Der Saal kann 1000 Besucher fassen. Ein sehr junges Publikum lauschte den Darbietungen der Gäste aus Deutschland. Am Donnerstag war man im kleinen Fürstentum Liechtenstein. Auch hier, im Konzertsaal der Hauptstadt Vaduz, Begeisterung für ein ausgefeiltes Musizieren. Vielleicht war auch der einstige Generalmusikdirektor der vor 16 Jahren abgewickelten Brandenburgischen Philharmonie Potsdam, Stefan Sanderling, unter den Konzertgästen. Sanderling ist heute Chef des Sinfonieorchesters Liechtenstein. Für die Besichtigung von Sehenswürdigkeiten im Fürstentum war indessen kaum Zeit, denn es ging schon weiter zum nächsten Konzert. Nach Stuttgart. Klaus Büstrin

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