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Kultur: Kalendarischer Blick in die Stille

Der Maler Alfred Schmidt zieht auch 2012 um die Potsdamer Häuser

Der Blick ist neu. Er fällt nicht mehr auf die weite verspiegelte Landschaft des Heiligen Sees, sondern auf den eng umschlungenen Flatowturm. Alfred Schmidt ist umgezogen und mit ihm seine Motive. Natürlich schwingt ein bisschen Traurigkeit mit, wenn der bekannte Potsdamer Maler erzählt, dass die Bäume um sein einstiges Haus vom neuen Besitzer gefällt und der Garten platt gemacht wurde. Doch der Umzug war nicht mehr aufzuhalten, die alten Wohnräume ohnehin marode. Hier in der Berliner Straße, wo sich der 69-jährige Ur-Potsdamer neu eingerichtet hat, ist alles saniert. Und der weite Blick aus seinem großzügigen Atelier auf den Babelsberger Park, der sich vor allem im Abendlicht förmlich in die Farbpalette drängt, lässt keine Wehmut zu.

In seinem neuen Kalender, die wohl verlässlichste Größe im Potsdamer Kunstbetrieb, hat der Babelsberger Park natürlich auch Einzug gehalten, mit dem Schloss, das im zurückhaltenden Gelb-Ocker in dichtem herbstgefärbten Laub steht. Die zinnenbekränzten Türme wirken nicht königlich protzig, sondern wie eine Theaterkulisse, in der das Schauspiel schon begonnen hat.

Nur einmal sei es ihm passiert, dass er Babelsberg in seiner Kalender-Auswahl „übersah“. Das war gleich zu Anfang und das liegt mittlerweile fast 20 Jahre zurück. Sofort kamen Proteste, denn die Potsdamer – und natürlich Babelsberger – sehen im Schmidt-Kalender wohl auch so etwas wie Heimaterkundung und eine sinnliche Dokumentation von Stadtgeschichte. Vieles, was inzwischen saniert ist, hielt er noch als Ruine fest. „Ich male eigentlich jeden Tag, zu jeder Jahreszeit“, sagt der vollbärtige Künstler. Im Freien wird skizziert, um sofort im Atelier die noch lebendige Atmosphäre bildkräftig einzufangen.

Immer wieder stößt er bei seinen täglichen Erkundungen auf neue Entdeckungen. Im kommenden Jahr ist es die Fasanerie, die er seinen deutschlandweiten Kalender-Fans offenbart, eine Persius-Villa im Park Charlottenhof, die nur wenige kennen, wie er sagt. Auf dem Dezember-Blatt strahlt sie nun im sonnigen Gelb in verschneiter Landschaft. Die „Grammatik“ der Architektur ist dem Maler genauso wichtig wie das atmosphärische Spiel der Farben. Bewusst stellt sich Alfred Schmidt in die Tradition der Vedutenmalerei, die auf eine möglichst naturgetreue Widerspiegelung der Motive zielt. Und doch gibt es bei ihm auch immer eine gewisse Verfremdung und die für ihn so typische Melancholie, die fast alle seiner menschenleeren Arbeiten wie ein Schleier überzieht. Eine leise flüsternde Verschwiegenheit, die diese Bilder der Stille vielen Betrachtern so begehrlich machen.

Im vorigen Jahr war Schmidt gleich in sechs Ausstellungen präsent: von der Küste bis ins Sachsenland. „Das war zu viel. Ich musste die Grafik vernachlässigen, die mir genauso wichtig ist wie das Pastell.“ Jetzt in den trüben Tagen hat er jetzt jedoch endlich Zeit für die Grafik. „Denn für Pastelle braucht man Licht“, sagt Alfred Schmidt. Heidi Jäger

Der Kalender für 16,90 Euro kann unter Tel.: (0331) 270 04 71 oder service@alfred-schmidt-potsdam.de bestellt werden

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