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Der Eröffnungsfilm zum diesjährigen Jüdischen Filmfestival wird im Hans Otto Theater Potsdam gezeigt.

© R. Hirschberger/dpa

Jüdisches Filmfestival in Potsdam: Hummus und Frieden auf dem Fußballplatz

Mehr Filme in Potsdam: Am Wochenende startet das Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg. Vor einigen Monaten stand das Festival aber noch auf der Kippe.

Von Sarah Kugler

Sich gegenseitig befruchten. Voneinander lernen. Das Fremde kennenlernen und zum Vertrauten machen. Das diesjährige Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg sieht sich ganz im Zeichen der Internationalität und Integration. Im Mittelpunkt stehen dabei die verschiedenen jüdischen Lebenswelten der Gegenwart, die sich überall auf der Welt finden und Filmemacher unterschiedlicher Nationalitäten zu gemeinsamen Projekten inspiriert.

So auch die israelisch-deutsche Produktion „90 Minuten – Bei Abpfiff Frieden“, die am Samstag die 22. Ausgabe des Festivals im Potsdamer Hans Otto Theater eröffnet und sich auf satirische Weise mit dem israelisch-palästinensische Konflikt auseinandersetzt. „Das ist ein hervorragender Film, unter anderem mit Detlev Buck, bei dem israelischer Humor auf deutschen Humor trifft“, so Festival-Chefin Nicola Galliner. „Wir sind sehr stolz, dass der Film bei uns als Weltpremiere läuft.“ Dabei ist der Film nicht nur eine Verschränkung der verschiedenen Kulturen, sondern auch verschiedener Filmstile. Obwohl „90 Minuten – Bei Abpfiff Frieden“ ein Spielfilm ist, fängt Regisseur Eyal Halfon die Geschichte um ein vermeintlich friedenbringendes Fußballmatch wie eine Dokumentation ein. Ein fiktives Filmteam berichtet über das Spiel zwischen der israelischen Nationalmannschaft und dem palästinensischen Fußballteam, das endlich Ruhe in die Region bringen soll. Der Gewinner bekommt das Land, der Verlierer muss gehen – ein für alle Mal. Als neutraler Austragungsort wird ein Stadion in Portugal ausgewählt, doch natürlich läuft nicht alles wie geplant, Chaos ist vorprogrammiert – und nur eins ist sicher: Es darf gelacht werden. „Wir möchten davon wegkommen, dass Juden immer nur als Opfer dargestellt und die Geschichten nur auf die Nazi-Zeit reduziert werden“, betont Galliner. Das Festival solle gerade junge Menschen ansprechen, die nicht viel von der israelischen Lebenswelt wissen, aber von ihr erfahren möchten. Wie Galliner sagt, könne das Medium Film wie kaum ein anderes diese Welten zeigen.

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Vielfalt beim Jüdischen Filmfestival Berlin und Brandenburg

Genau deswegen sei das Festival auch so wichtig, betont der Wiener Filmwissenschaftler Frank Stern. Er ist aktuell Gastdozent an der Uni Potsdam und unterrichtete zuvor am Moses Mendelsohn Zentrum jüdische Kulturgeschichte. „Hier wird die ganze Vielfalt gezeigt, das Lebendige, das Schräge, das Komische, das Nachdenkliche und das Verrückte“, so Stern. „Der Zuschauer kann sehen, dass sich seine Lebenswelt gar nicht so sehr von der jüdischen unterscheidet.“ Die Probleme, so Stern, seien letztendlich überall die gleichen, gerade in den jungen Generationen. Somit könne das Filmfestival einen Beitrag dazu leisten, Vorurteile abzubauen und auch jüdische Filmemacher wieder nach Deutschland zurück zu bringen. „Während des Nazi-Regimes sind zwischen tausend und zweitausend aus Deutschland vertrieben worden“, so Stern. „Gerade im Berlin der 1920er-Jahre haben sie die Filmlandschaft maßgeblich mitbestimmt, von dem Verlust hat sich Deutschland bis heute nicht erholt.“

Das Festival stand noch vor wenigen Monaten auf der Kippe. Der Hauptstadtkulturfond hatte seine Förderung gestrichen, das Auswärtige Amt sprang als Geldgeber ein. Vor diesem Hintergrund müsse man sich auf kulturpolitischer Ebene fragen, ob die Hauptstadt auch hinter ihrem deutsch-jüdischen Erbe stünde, moniert Stern. Denn heute seien es die Kinder und Enkel der damals Vertriebenen, die überall auf der Welt Filme produzieren und diese nun wieder in Deutschland vorstellen. Gerade für Potsdam mit dem Filmstandort Babelsberg wünscht sich Filmwissenschaftler Frank Stern für die Zukunft eine engere internationale Zusammenarbeit, um an alte Erfolge wieder anknüpfen zu können. „Umso bedeutender ist es, dass zum diesjährigen Filmfestival mehrere Filme an Potsdamer Standorten gezeigt werden“, so Stern, der im Rahmen seiner Filmreihe „Israelischer Film - Going East Konflikte, Gender, Tradition im neuen Misrachi Cinema“ selbst regelmäßig israelische Filme im Filmmuseum zeigt.

Acht Filme sind in Potsdam zu sehen

Acht der insgesamt 40 Festivalbeiträge – bestehend aus Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen, sowie einigen Folgen der Serie „Transparent“ – werden in Potsdam gezeigt. Nach dem multikulturellen Eröffnungsfilm geht es am Sonntag genauso bunt im Babelsberger Thalia Kino weiter. Neben der Kurz-Doku „Women in Sink“ – übrigens eine Co-Produktion zwischen Großbritannien und Israel –, in der Regisseurin Iris Zaki bei einem arabisch geführten Frauenfriseur in ihrer Heimatstadt Haifa anheuert, wird auch der Dokumentarfilm „Hummus! The Movie“ gezeigt. Der Film von Oren Rosenfeld stellt drei ganz unterschiedliche Protagonisten vor, die alle die Liebe zum Hummus vereint: Suheila Al Hindi, eine muslimische Selfmadefrau aus Acre, die sich bei der TV Kochshow „Israel Hummus Genius“ gegen zehn männliche Kollegen durchgesetzt hat, Jalil Dabit, der christliche Araber, der in seinem Lokal in Ramala Rockkonzerte organisiert und von einem Laden in Berlin träumt; und Eliyahu, der nach unsteten Wanderjahren zu seinen orthodoxen Wurzeln gefunden hat und mittlerweile eine erfolgreiche Restaurantkette führt. Sowohl Regisseur als auch Produzent Michal Lee Saphir sowie zwei Protagonisten Al Hindi und Dabit werden am Sonntag zu Gast im Thalia Kino sein. „Für Suheila Al Hindi ist es die erste Auslandsreise, Jalil Dabit hingegen hat inzwischen tatsächlich ein Restaurant in Berlin und macht auch am Sonntag das Catering“, erzählt Festivalchefin Galliner. Die Chance zum gegenseitigen Kennenlernen ist somit gleich zum Beginn des Festivals gegeben – es bleibt die Hoffnung auf ein vielfältiges Befruchten.

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