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Künstlerische Einblicke. Auch die Wilhelmgalerie wurde zum Atelier.

© M. Thomas

Kultur: Jetzt ist Ruhe

Der „Rock'n'Roll-Tresen“ geht in die Sommerpause

Er ist schon eine Instanz der Stadt geworden, dieser Potsdamer „Rock’n’Roll-Tresen“, der an jedem ersten Samstag im Monat zwei zünftige Rock'n'Roll-Bands auf die Bühne schickt. Jetzt heißt es erst einmal Sommerpause im studentischen Kulturzentrum Kuze, auch wenn es nicht gerade nach Sommer aussieht. Zum Abschiedskonzert am vergangenen Samstag wurde es jedoch noch einmal richtig voll: Zwei Berliner Bands waren eingeladen worden. Oddjobmen machten den Anfang, und wer danach noch nicht genug hatte, der bekam im Anschluss noch The Loranes serviert. Keine schlechte Wahl.

Für Oddjobmen gehört Posing zum guten Ton dazu, auch wenn die Verkleidung irgendwo zwischen seltsam und belustigend angesiedelt war: Gitarrist Behrang Alavi, der vor Kurzem noch mit seiner anderen Band Samavayo ein Gastspiel im Kuze gab, hatte sich eine Art Anglerhut tief ins Gesicht gezogen, noch witziger sah aber der Sänger aus: Wer ihm dieses Jürgen-von-der-Lippe-Gedächtnishemd im Hawaii-Look rausgelegt hatte, bleibt wohl sein Geheimnis. Musikalisch war schnell klar, wohin die Reise geht: Oddjobmen haben offensichtlich viel wertvolle Probenzeit damit verbracht, die Queens of the Stoneage zu hören – genau so klang nämlich das Ergebnis: viel atmosphärisches Teppichgeplänkel, und die Stimme des Berliners Nico Kozik ähnelte schon frappierend der Stimmlage von Josh Homme, der die Queens of the Stoneage aus dem kalifornischen Palm Desert in die ganze Welt exportierte.

Musikalisch ging das jedoch prima, Epigonen hin oder her. Oddjobmen waren vielleicht zu jung, um den Rock'n'Roll erfunden zu haben, aber alt genug, um ihn solide zu spielen – und zwar schön schmutzig, wie es sich gehört. Da war auch die Überraschung in Form eines Punksongs, der wohl irgendeine Coverversion sein musste, alles andere als deplatziert. Eine Extrawürdigung hat auf alle Fälle der Schlagzeuger verdient, der präzise wie ein Uhrwerk spielte und die Band in Schwung hielt. Ein feines Konzert, das zu Recht ganz viel Applaus erhielt.

Den bekamen aber auch The Loranes, die jedoch Rock'n'Roll der ganz anderen Machart lieferten: ein bisschen weniger energisch als die Vorgänger, ein bisschen mehr alte Schule. Und mit einem gepflegten Grunge-Einschlag, der ganz lässig auf einen Proberaum in einer Garage schließen lässt – nur dort entstehen so breite Klänge an der Schnittstelle zwischen den 80er- und den 90er-Jahren. Vielleicht hat da aber auch ein wenig das äußere Erscheinungsbild hineingespielt: Ganz in Schwarz stand das Trio auf der Bühne, und kollektiv mit Schüttelfrisur – eine Modeerscheinung, die ihren Zenit eigentlich schon überschritten haben müsste. Das musikalische Missverständnis der Generationen nach dem ursprünglichen Rock'n'Roll der alten Zeiten war ja immer der Versuch, den Blues aus der Musik auszusparen: Diesen Fehler machten The Loranes jedoch nicht. Eigentlich ein Jammer, dass diese Band spät in der Nacht ohne die verdienten Zugabe-Rufe von der Bühne gelassen wurde.

Es wird ein langer Sommer für die werden, die sich an diese regelmäßigen Samstage gewöhnt haben: Der nächste „Rock'n'Roll-Tresen“ ist erst wieder Anfang September geplant. Die lärmgeplagten Anwohner der Hermann-Elflein-Straße wird diese Ruhephase bestimmt nicht stören. Und für alle anderen beginnt ja nächstes Wochenende bereits die Festivalsaison: Zum Saisonauftakt beim „Rock in Caputh“ wird es auch wieder Rock'n'Roll geben. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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