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Die Band Lumpeks.

© Katarzyna Korona/Promo

Jazzoffensive in der Fabrik: Die Avantgarde kommt zu Besuch

Die siebte Ausgabe des Potsdamer Festivals bietet am Freitag und Samstag hochkarätige Improvisationen - dabei wird es auch mal wild.

Potsdam - Chormusik in Zeiten von Corona? Die Jazzoffensive Potsdam traut sich: Bei der siebten Ausgabe des Jazzfestivals, das am 10. und 11. September in der Fabrik in der Schiffbauergasse stattfindet, wird der britische Avantgarde-Jazz-Sänger Phil Minton mit seinem Feral Choir auftreten, der komplett aus Laien-Sänger:innen besteht. „Das ist nicht ganz ohne“, sagt Constanze Schliebs, die die Jazzoffensive zusammen mit Nicolas Schulze vom Potsdamer Jazzlab organisiert. „Jeder, der singt, braucht vier Quadratmeter Platz um sich herum.“ 

„Feral“ heißt so viel wie „wild“ oder „ungezähmt“, denn die Erforschung urtümlicher Klänge ist das Konzept des Chors: „Stellt Euch vor, zu singen wie ein Tier, welches nach langer Gefangenschaft in die Freiheit entlassen wird“, heißt es dazu im Programm. Minton, der als Jazztrompeter begann und als Größe der freien Improvisationsszene gilt, entwickelte das Konzept in den Achtzigerjahren, als er einige Workshops mit Nicht-Sänger:innen durchführte. Genau dies wird auch in Potsdam passieren: Potsdamer:innen jeden Alters konnten sich für die 20 Plätze des Chors anmelden, der am Donnerstag erstmals probt und am Samstag unter der Leitung Mintons auftreten wird.

Constanze Schliebs, Leiterin der Jazzoffensive.
Constanze Schliebs, Leiterin der Jazzoffensive.

© Sebastian Gabsch/PNN

„News Of The World“ lautet das Motto der siebten Jazzoffensive, die sich erneut dem musikalischen Crossover mit internationaler Besetzung verschrieben hat. Alles ist Open Air, die Veranstalter:innen rechnen mit 200 bis 300 Besucher:innen. Corona verfolgt das Festival auch dieses Jahr, auch wenn es im Vergleich zu 2020 leicht gewachsen ist: Damals waren es vier Musik-Acts an einem Tag, diesmal fünf Acts an zwei Tagen plus ein Workshop. „Ich bin trotzdem total froh, dass wir wieder ein so internationales Programm auf die Beine stellen konnten“, sagt Nicolas Schulze. 

Auch Pianist Alexander Hawkins wird auftreten

In der Tat: Den Start am Freitag übernimmt die polnisch-französische Band Lumpeks, was ist in der Umgangssprache der polnischen Second-Hand-Läden das Wort für Kleidung ist. Es gibt also Stücke unbekannter Herkunft zu entdecken, wenn die Musiker:innen polnische Mazurkas und Obereks mit Jazz-Improvisationen befeuern.

Der aufstrebende britische Pianist Alexander Hawkins, der als kommender Star der Improvisationsszene gehandelt wird, wird zusammen mit der deutschen Saxofonistin Angelika Niescier den ersten Abend beschließen. Nach Phil Mintons Feral Choir werden am Samstag die Tres Testosterones das Programm aufmischen: Das österreich-schweizerisch-polnische Trio besteht aus Schlagzeug, Bassklarinette und E-Bass – eine sehr basslastige Angelegenheit also, in Potsdam noch verstärkt durch den norwegischen Jazz-Keyboarder Ståle Storløkken. „Ein echtes Powerhouse“, sagt Schulze. Mit dem deutschen Jazzposaunisten Nils Wogram und dem serbischen Pianisten Bojan Z., die als Duo Roots-Jazz mit Balkan-Klängen und Rock-Einflüssen vermählen, endet der Samstag.

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Vier Jazzlabs im Herbst

Nach wie vor träumen Schulze und Schliebs davon, die Jazzoffensive endlich wieder größer aufzuziehen und mehr Musiker:innen aus Übersee einzuladen, doch das ist nach wie vor zu riskant: „Jemanden aus den USA einzufliegen geht gerade einfach nicht“, sagt Schliebs. Auch innerhalb der EU ist es nicht ganz einfach, denn in jedem Land gelten anderen Corona-Regeln für die Ein- und Ausreise. 

„Die Idee war eigentlich, das Festival langsam wachsen zu lassen und mehr die anderen Häuser in der Schiffbauergasse miteinzubeziehen“, sagt Schulze. Doch dafür brauche es nicht nur ein Ende der Pandemie, sondern auch mehr Geld: Die Stadt fördert die Jazzoffensive mit 16.000 Euro. Immerhin können sich Potsdamer Jazzfans auf neue Ausgaben des Jazzlabs freuen, das im Winter nur online stattgefunden hatte: In diesem Herbst gibt es vier Jazzlabs, jeweils eine Veranstaltung im September, Oktober, November und Dezember. „Das werden dann wieder richtige Konzerte mit Publikum sein“, sagt Schulze. 

Tagesticket 10. September: Vorverkauf 24 Euro, ermäßigt 12 Euro, Tagesticket 11. September: 30 Euro, Festivalticket: Vorverkauf 45 Euro, ermäßigt 25 Euro, Abendkasse + 1 Euro

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