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Blick durchs Wasserrad. Anna Werkmeister zeigt Videostills.

© Bernd Hiepe

Kultur: Isolierte Zeit

Anna Werkmeister und Rainer Gottemeier

Der Betrachter steht vor einem Bilderrätsel. Auf den sogenannten Videostills von Anna Werkmeister ist nichts Gegenständliches zu erkennen. Die aus Videos herausgelösten Einzelbilder, auch Screenshots genannt, wirken völlig aus dem Zusammenhang gerissen und fordern den Ausstellungsbesucher heraus. In der Produzentengalerie M des Brandenburgischen Verbands Bildender Künstler sind sie neben Lichtinstallationen des Potsdamer Künstlers Rainer Gottemeier zu sehen. „Von dieser Welt“ heißt die Ausstellung, 29 Bilder, Skulpturen und eine Videoinstallation, die dem Titel zum Trotz außerirdisch wirken, wie aus einer fremden Sphäre. Dabei zeigen sie allesamt Irdisches, nur eben verfremdet, distanziert.

Anna Werkmeister fotografiert die Bewegung. Ganz simpel hat sie in 23 Bildern die verschiedenen Positionen eines Menschen, der sich durch das Bildfeld dreht, festgehalten, katalogisiert. Wie ein Daumenkino mit Torso ohne Kopf. Manchmal produziert sie das Video zuerst und isoliert die Bilder erst später. Die Bewegung wird zunächst zugelassen und dann eingefroren. Anne Werkmeister interessiert sich für ganz unterschiedliche Bewegungen, schnelle, langsame, in der Natur entdeckte oder artifizielle. Prominent sind die Bilder ihrer Wasserradserie, die auf den ersten Blick verwirren: Es braucht etwas Zeit oder ein paar Hinweise, um die leuchtenden Fotos hinter Acrylglas zu entschlüsseln: Schwarz verwischt sind die Holzstreben des alten Mühlenwasserrads, von denen das Wasser tropft wie silberne Lamettafäden.

Auch Gottemeiers Objekte leuchten, allerdings nur mit Strom. Die Lichtinstallationen sind schwarze, flache Kunststoffkästen, Objekte wie aus der Werbewelt. Dünne Neonröhren im Kasten scheinen durch das opaque Acrylglas. Die gewünschte Form bekommen die acht Millimeter dünnen Licht-Schläuche von einem Glasbläser in Berlin. „Der erwärmt sie, legt sie auf meine Zeichnungen und biegt sie entsprechend“, sagt Gottemeier.

Weiß leuchten die Sternbilder, daneben blaue Skizzen, die Seekarten aus der Ägäis darstellen. Gottemeier hat viel für die Antike übrig. Das einfache Leben der Mittelmeer-Anrainer gefällt ihm, in seinen reduzierten Linien spiegelt sich das wider. Nur die Gedanken hinter den Bildern, die an antike Torsi und Götterfiguren erinnern, sind sehr komplex. Von der Erde aus sichtbar sind die Sternzeichen, Himmelsgötter, ein Spiegelbild der nur von oben sichtbaren Wasserströme, Bilder einer Jahrtausende alten Unterwasserwelt.

So passen die Werke beider Künstler gut zusammen: Während Anna Werkmeisters Bilder den Zeitverlauf einfrieren, aufdröseln und dokumentieren, taucht Rainer Gottemeier mit seinen Lichtinstallationen ein in Raum und Zeit, um Historie sichtbar zu machen. Steffi Pyanoe

Charlottenstr. 122, Mittwoch bis Freitag 11 bis 17 Uhr, am Wochenende 11 bis 18 Uhr

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