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Kultur: Intrigen und amouröse Verwicklungen

Jugendtheatergruppe „Ex It“ mit „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“

Der Zuschauer erkennt sofort die tödliche Verwechslung, doch die beiden, die da am Sonntagnachmittag auf der Bühne der „fabrik“ aufeinanderzulaufen, ahnen nichts von der Dramatik des nächsten Moments. Er, Fiesco zu Genua, Figur aus Schillers Drama „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ und angelehnt an den historischen Genueser Giovanni Luigi de Fieschi, hat das Schwert in der Hand, bereit zum tödlichen Stoß. Sie, Leonore, seine Frau, ahnt nichts von der Bedeutungsschwere des Umhangs, den sie sich zuvor im Eifer des vorangegangenen Gefechts übergeworfen hat. Es ist der purpurrote Umhang des Feindes, des Herzogs Gianettino Doria, der von den Genueser Adligen in dieser Nacht des Jahres 1547 gestürzt werden soll, um statt dessen Fiesco zum neuen Herzog der Republik zu machen.

Warum die junge Adlige Leonore sich ausgerechnet diesen Mantel des bereits toten Gianettini übergeworfen hat, erschließt sich aus der knapp 80-minütigen Version von Schillers Drama erst einmal nicht wirklich. Dennoch beweist die Arbeit unter Regisseurin Karin Rehbock mit Mitgliedern der Jugendtheatergruppe „Ex It“ große Spielfreude und dramaturgische Dichte. Trotz der langen Liste handelnder Personen, der ungewohnten italienischen Namen und der vielen verschiedenen kleinen und großen Intrigen, Klüngeleien unter den revolutionären Adligen und amourösen Verwicklungen haben die Zuschauer gute Chancen, der Handlung zu folgen. Kurze prägnante Szenen in schlichtem Bühnenbild, das vor allem aus drei Laufstegen und viel schwarzem Vorhang besteht, werden spotlichthaft die verschiedenen Beziehungen unter den Adligen, den Männern und Frauen, den politischen Gegnern beleuchtet.

Musik und Kostümierung sind angenehm frei interpretierbar und trotzdem klassisch und der Zeit angemessen. Die dezenten Einsprengsel gegenwärtiger Jugendkultur der Umgangssprache wirken eher belebend als unpassend. Die Regisseurin hat mit ihrer Arbeit geschickt die fehlende, vor allem stimmliche Bühnenerfahrung ihrer jungen Schauspieler wettgemacht, indem sie an ihnen andere Züge, wie lebhafte Mimik oder Gestik, oder, im Falle des rotgelockten Fiesco, dessen jungenhaften Humor betont. So gerät das komplexe Stück eines klassischen Autors zu einer äußerst unterhaltsamen Geschichtsstunde. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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