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Kultur: Inside Wikileaks: Ein Selbstversuch Als Komparse am Set von „The Fifth Estate“

Die aktuelle Produktion der Babelsberger Filmstudios „The Fifth Estate“ wird den Blockbusterstatus anpeilen, keine Frage. Es geht um den medial omnipräsenten Australier Julian Assange, aber auch seinen deutschen Kollegen Daniel Domscheit-Berg.

Die aktuelle Produktion der Babelsberger Filmstudios „The Fifth Estate“ wird den Blockbusterstatus anpeilen, keine Frage. Es geht um den medial omnipräsenten Australier Julian Assange, aber auch seinen deutschen Kollegen Daniel Domscheit-Berg. Assange wird in einer beängstigenden Ähnlichkeit und maskenbildnerisch zum Zwillingsbruder aufgepeppt von Benedict Cumberbatch dargestellt, der durch die BBC-Serie „Sherlock“ bereits in aller Munde ist, während Domscheit-Berg ein hierzulande gleichsam bekanntes Gesicht aufgesetzt bekommt: das von Daniel Brühl, der mit Bart und Brille wie der Prototyp eines Informatik-Nerds rüberkommt.

Die derzeitigen Dreharbeiten sollten die Chance sein, sich einen Tag unter die Filmschaffenden zu wallraffen und als Komparse Daniel Brühl ganz unauffällig auszuquetschen. Etwas muss man dabei als Voraussetzung mitbringen, wenn man sich in das waghalsige Abenteuer der Komparserie stürzen will: ganz viel Geduld. 95 Prozent der Anwesenheit fällt auf Nichtstun. Man sitzt herum, dreht Däumchen und versucht dabei niemandem im Weg rumzustehen – bei Hunderten Anwesenden auf engstem Raum fast unmöglich. Gedreht wurde im Tacheles in Berlin, Treffpunkt war früh halb zehn in einem leeren Geschäft daneben. Zettel ausfüllen: Bankdaten, Adresse, SV-Nummer, Berufsstatus, fertig. Danach Kaffee. Erste Smalltalkversuche bei einer gemeinsamen Kippe draußen vor der Tür. Brühl war bereits am Set.

Keine zweieinhalb Stunden später rückten auch schon die ersten Dirigenten der Komparserie ein, junge Menschen mit Funkgeräten und Empfängern im Ohr, was ihre Autorität nur noch verstärkte. Die Schafherde wurde jetzt in den Aufenthaltsraum geführt, ein eiskalter, riesiger Raum mit Bierbänken, der einst eine Galerie war. Kostümcheck. Auf einem Tablett Käsebrötchen; daneben Kaffee und heißes Wasser. Wieder hieß es warten, es war kalt, es zog, die Füße froren langsam ein. „Gestern war es noch viel schlimmer“, erzählt eine Komparsin und saugt an ihrer Selbstgedrehten, „da haben wir im Treppenhaus gedreht. Pures Sibirien.“ Zwei Stunden später geht es nach unten ins mittlerweile geschlossene „Café Zapata“. Assange und DDB sitzen mit ihren Notebooks an einem Tisch, rundherum Party, genauso wird es wohl seine Anfänge genommen haben. Man fand sich also mit einer Bierflasche in der Hand an einem Kneipentisch wieder. Choreografie, wer wann wohin geht oder den Raum betritt, ansonsten angeregtes Gespräch untereinander. Kein Problem? Von wegen: Das Ganze wurde mucksmäuschenstill aufgenommen, nur Lippenbewegungen, bloß kein Husten oder Klirren – es ging ja um die revolutionären Dialoge! Partygeräusche werde man später vom Band einspielen. Brühl stand direkt daneben, sah aber hoch konzentriert aus – keine Chance. Umbau, andere Kameraperspektive, wieder von vorn, „quiet, please!“ Nach etwa drei Stunden: Mittagspause. Es wurde einem einfach nicht warm, und die Mittagsportion, die nachmittags um vier ausgeteilt wurde, war bitter nötig: Reis und Hähnchen- oder Gemüsecurry, gar nicht mal schlecht. „Gestern gab es zerkochte Nudeln und Tomatensoße“, erzählt einer am Tisch. Igitt. Daniel Brühl bekam bestimmt Roastbeef. Auf Porzellan. Nur keinen Neid.

Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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