zum Hauptinhalt

Kultur: Indische Lebenskunst

Ein Indienfestival „Bollywood & mehr“ im Potsdamer Filmmuseum

Eine wohlige Mattigkeit umfing den Besucher, als er am Samstagabend das Filmmuseum verließ. Nicht etwa, weil er vom zweitägigen Indienfestival des Kinos in Kooperation mit dem Lindenpark völlig erschöpft war, sondern weil er soeben die älteste noch praktizierte Form klassischer indischer Musik mit nahezu allen Fasern seines Körpers aufnahm.

Dhrupad, ursprünglich in Tempeln gesungen, und auf Techniken des Nada Yoga basierend, ermöglicht dem Sänger, die innere Resonanz seines Körpers so zu entwickeln, dass der Ton vom Nabel bis zum Kopf frei schwingen und fließen kann. Diese Musik, die mit riesigen Saiteninstrumenten wie der Rudra und einer Vorläuferin der Tabla-Trommeln begleitet wird, ist zutiefst spirituell und meditativ und stellt eine Form des Gebets dar. Und auch wer noch nie zuvor etwas davon gehört hatte, fühlte sich nach dem „Dhrupad“-Film des indischen Regisseurs Mani Kaul von 1982, der die Kunst der weltberühmten Dagar-Brüder vorstellte, unweigerlich in ihren Bann gezogen und hinterher ziemlich „geerdet“.

Doch schon zwei Stunden davor wurde man in eine andere, außerordentlich faszinierende Welt entführt. „Ayurveda“ lautete der Titel des französisch-indischen Dokumentarfilmes von Pan Nalin und Natasha de Betak. Dieser Film „erforschte“ die älteste ganzheitliche Heilkunst der Erde, die davon ausgeht, dass jede Krankheit durch Disharmonien im Körper, im Geist oder in der Seele verursacht wird. Ganz gleich, ob es sich dabei um die Migräneattacken eines Managers oder die lebensbedrohliche Leukämie eines kleinen Jungen handelt. Auch unzählige Krebspatienten suchen im Ayurveda, nachdem sie alle Errungenschaften der modernen allopathischen Medizin vergeblich bemüht haben, Hilfe. Und werden dann beispielsweise von Dr. Swamigel, der seine Heilerfolge unter anderen mit Juwelenasche erzielt oder vom Heiler Murti, der Medizin aus Baumrinden herstellt, nebenwirkungsfrei und nachhaltig erfolgreich behandelt.

Ganz „nebenbei“ bekommen sie und der Zuschauer dabei auch vermittelt, dass die meisten Krankheiten Exzesserscheinungen sind und von jeglichem übersteigertem Konsum herrühren. Und so kann Ayurveda nicht nur bei Verlust der Gesundheit Anwendung finden, sondern vor allem als Kunst des Lebens, die hauptsächlich darin besteht, im Einklang mit den eigenen und den allumfassenden natürlichen Rhythmen zu sein, begriffen werden. Das wurde in sehr ursprünglichen und wunderbar sinnlichen Filmbildern gezeigt, die die Übertragung dieses Jahrtausende alte Wissens in heutige Lebenswelten zwar manchmal einigermaßen exotisch aber andererseits eigentlich mühelos erscheinen ließen. Eine erste Beratung zu seiner eigenen Konstitution konnte sich der interessierte Besucher dann bereits im Foyer des Kinos einholen, wo Ayurveda- und Aromatherapeutinnen Rede und Antwort standen und auch für andere sinnliche Genüsse gesorgt war – ein lohnender Einblick in eine faszinierende ferne Welt, die jenseits von Bollywood viele Überraschungen für Körper und Geist zu bieten hat.

Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false