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Katrin von Lehmann und Carsten Hensel wollen neue Ausstellungswege gehen.

© Andreae

Kultur: In fremden Territorien

Das Ausstellungsexperiement „Enter my Theory, my Territory“ in der Produzentengalerie M

Für die Grafik im Querformat wurde ein schlichter Rahmen gesetzt. Darinnen kreuzen sich Pfeile in der Senkrechten, Waagerechten und Diagonalen. Im Mittelpunkt, wo sie sich berühren müssten, ist die strenge Ordnung aus den Angeln gehoben, die gesamte Symmetrie gerät ins Rutschen. Eine gezielt gesetzte Irritation an ein, zwei Stellen und ihre Folgen.

Katrin von Lehmann und Carsten Hensel haben diese zeichnerische Irritation zusammen entwickelt. Sie markiert eine Station gegen Ende eines monatelangen Prozesses. Ausgelöst von der Entscheidung der beiden im Groß Glienicker Atelierhaus Panzerhalle beinahe Tür an Tür arbeitenden Künstler, eine gemeinsame Ausstellung unter dem Titel „Enter my Theory, my Territory“ zu entwickeln, die am heutigen Donnerstag um 19 Uhr in der Galerie M im Luisenforum eröffnet wird. „Wir arbeiten an einem Ausstellungsformat, das sich vom üblichen Ausstellungsrahmen unterscheidet“, versprechen Katrin von Lehmann und Carsten Hensel.

Hervorstechendes Merkmal von „Enter my Theory, my Territory“: Statt fertige Arbeiten zu zeigen, sollen diese erst während der Aufbauphase und noch darüber hinaus während der Laufzeit der Ausstellung entstehen. Welche Gestalt die Werke im Einzelnen annehmen, bleibt selbst für die Künstler zu einem Großteil Überraschung. „Nicht festgelegt sind Art und Umfang des Materials. Als Künstler bringen wir unsere Theorie und unsere Werkzeuge mit“, so Hensel in einem Vorgespräch. Dass vieles noch offen ist, daraus machen beide im Laufe des Gespräches kaum einen Hehl. Gehört doch Ergebnisoffenheit entschieden mit zum Konzept. Hensel begrüßt diese Ergebnisoffenheit geradezu, beispielsweise als Möglichkeit einer Verunsicherung, von der er sich nicht zuletzt in Bezug auf seine Arbeitsweise kreative Impulse verspricht. „Wenn wir die Ausstellung als solche thematisieren, befragen und hinterfragen, dann auch um neue Aufschlüsse für die eigene Arbeit zu gewinnen“, sagt Hensel.

Keinesfalls jedoch soll sich das gemeinsame Tun und Theoretisieren in reiner Selbstbespiegelung erschöpfen. Zur maßgeblichen Ausstellungszutat wird vielmehr der hohe Anspruch der Künstler an ihr Publikum. Wenn sie ihr Projekt mit dem Titel „Enter my Theory, my Territory“ überschreiben, dann ist das durchaus auch als klare Aufforderung in Richtung des Betrachters gemeint. So soll eine Dreiecksbeziehung zwischen den beiden Künstlern und den Besuchern der Ausstellung entstehen. Bei der heutigen Vernissage treffen nun die Künstler Katrin von Lehmann und Carsten Hensel, die Besucher und die bis dahin entstandenen Arbeiten erstmalig aufeinander. Carsten Hensel bewertet das Eröffnungsereignis als „neuralgischen Punkt“, weil diese Ausstellung für ihn auch der Beginn von etwas Neuem, einem Prozess sei. Die Veränderungen der Ausstellungssituation ist nicht nur erwünscht, sondern klar mit angedacht.

In dem gemeinsamen Gespräch bleibt jedoch schwer nachvollziehbar, wie Carsten Hensel und Katrin von Lehmann die Räumlichkeiten der Galerie M in Beschlag nehmen werden. Wer jedoch Installationen und Performances von Carsten Hensel kennt, wird mit einem Aufgebot an Holzlatten, Zeichnungen, Fotos und ausgefallenen Requisiten rechnen. Bei Katrin von Lehmann gehören eigene Fotografien, Scheren, weißes Papier, Zeichenstifte und Wollfäden mit ins zu erwartende künstlerische Gepäck. Mit diesem reichen Fundus an Material und neuen Ideen sind die beiden dazu übergegangen, sich in den Räumen der Galerie M künstlerisch zu positionieren und dabei aufeinander zu reagieren. Nun liegt es am Besucher, sich auf dieses Ausstellungsexperiement einzulassen. Almut Andreae

„Enter my Theory, my Territory“ eröffnet heute, 19 Uhr, in der Produzentengalerie M, Hermann-Elflein-Str. 18 (im Luisenforum). Die Ausstellung ist bis zum 4. Juli, mittwochs bis freitags , 11 - 17 Uhr, samstags und sonntags, 11 - 18 Uhr, geöffnet

Almut Andreae

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