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Kultur: Im Thalia: Künstler- Kreisläufe

Die tschechische Regisseurin Alice Nellis ist erst 37 und doch selbst hierzulande keine Unbekannte mehr. Schon mit ihren ersten Filmen „Ene bene“ und „Vylet“ errang sie auch international die Aufmerksamkeit des Publikums und der Kritik und 2002 den Nachwuchspreis auf dem renommierten Filmfestival von San Sebastian.

Die tschechische Regisseurin Alice Nellis ist erst 37 und doch selbst hierzulande keine Unbekannte mehr. Schon mit ihren ersten Filmen „Ene bene“ und „Vylet“ errang sie auch international die Aufmerksamkeit des Publikums und der Kritik und 2002 den Nachwuchspreis auf dem renommierten Filmfestival von San Sebastian. Am Dienstagabend war sie im Rahmen der Reihe „Tschechisches Kino“ im Babelsberger Thalia zu Gast und stellte ihren neuesten Film „Tajnosti“/„Little Girl Blue“ von 2007 dem Publikum vor.

Dessen Geschichte ist eigentlich schnell erzählt. Eine äußerst attraktive und erfolgreiche Frau in der Lebensmitte stellt von einem Tag auf den anderen alles an diesem in Frage. Auslöser ist nicht etwa ein persönlicher schwerer Schicksalsschlag sondern die Radionachricht vom Tode ihrer Lieblingssängerin, der US-amerikanischen Jazz- und Blueslegende Nina Simons. Spontan beschließt die Protagonistin des Films, sich ein Klavier zu kaufen, um nach 20 Jahren Ehe wieder zu ihren musikalischen Wurzeln zurückzukehren.

Dieses Thema beschäftigt jedoch nicht nur die Filmheldin sondern auch Regisseurin Alice Nellis, die am Prager Konservatorium Musik studierte, ehe sie als Film- und Theaterregisseurin bekannt wurde. Genau wie ihre Hauptdarstellerin Iva Bittová, die seit 25 Jahren als Musikerin und Sängerin Karriere macht und mit diesem Film ihr Comeback als Schauspielerin – sie stand bereits in den 70er Jahren vor der Kamera - feiert. Und so verwundert es fast gar nicht, dass „Little Girl Blue“ ein sehr persönlicher und sehr musikalischer Film geworden ist.

Neben den wunderbaren Songs von Nina Simone lässt vor allem die Musik der populären tschechischen Rockband Buty das Lebensgefühl der zu neuen Ufern aufbrechenden Protagonistin besonders gut nachfühlbar werden. Das zeichnet den Film neben seinen pointierten Dialogen und seinem großen Gespür für Ironie und Leichtigkeit aus. Die Sinnsuche und der Lebenshunger der Figuren werden von großartigen Schauspielern verkörpert, allen voran Iva Bittová, die in der Begegnung mit dem jungen Klavierverkäufer (Miloslav König), der zum ersten Mal vor der Kamera stand, zu großer Innigkeit und starker Präsenz findet.

Auch das Potsdamer Publikum honorierte dies und ließ sich im Anschluss von der charmanten Regisseurin noch von der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit ihrem Produzenten Jan Svÿrák berichten, dessen Komödie „Leergut“ hierzulande vor kurzem sehr erfolgreich angelaufen ist. „Little Girl Blue“ hat bisher noch keinen deutschen Verleih gefunden, wurde aber in unserem Nachbarland für den diesjährigen „Böhmischen Löwen“ nominiert.

Die allmonatlich stattfindende Filmreihe im Thalia-Kino ermöglicht allen Filminteressierten immer wieder einen spannenden Blick über den cineastischen Tellerrand. Sie sollte aber, wenn möglich, in einem kleineren Saal stattfinden, um den Abstand zwischen Zuschauern und Podiumsgästen rein räumlich zu verringern. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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